Kyoto – 3ter Tag, Fotostrecke

Ich sitze gerade vollgefressen im 8ten Stock und lasse den Abend bei einem guten japanischen Whiskey abklingen. Da heute wieder mal viel zu viel geboten war, hier einfach eine kurze Fotostrecke.


Die Aussicht vom Zentralfriedhof von Kyoto, auf einem Berg gelegen.


Very Important Moss – es gibt in Japan eine Garten Disziplin, die auf Moose spezialisiert ist.


Ein Beispiel für einen solchen Moss-Garden.


Gerechter Kies – sowas in der Art will ich in meinem Garten.


Die wunderschöne Philosophers Street. Unter den Blüten könnte man ewig spazieren gehen.

Hier eine kurze Anekdote. Wir bewunderten gerade die Schönheit dieses Weges, als zwei Oba-Sans (alte Damen) entlang kamen, und die Enten fütterten. Verträumt blickten sie auf die vertrauensseeligen Tiere und murmelten ein Wort, worauf sich Max umdrehte: ‚Hiru gohan!?!?1‘ Die beiden Damen schüttelten sich vor Lachen, nickten eifrig und machten schmatzende Geräusche. Hiru gohan bedeutet nämlich Mittagessen, und so hatten sie die Enten gerade genannt. Der Humor der japanischen alten Damen ist einfach genial!


Aufgepasst: Das Kaiseki. Erster Gang


Zweiter Gang.


Dritter Gang.


Vierter Gang.


Fünfter Gang.


Sechster Gang.


Siebter Gang.


Achter Gang.


Neunter Gang.


Zehnter Gang.


…. und Nachtisch.

Das Kaiseki wurde von sehr zuvorkommenden Geishas serviert, und war wirklich ein Hochgenuß. Von dem wunderschönen Garten, auf den wir eine tolle Aussicht hatten, brauche ich wohl gar nicht erst anzufangen. Der Genießer in mir wurde auf jeden Fall voll zufrieden gestellt. Wir alle waren ausgesprochen froh, das wir uns das gegönnt haben, und freuen uns jetzt schon ungemein auf unser Onsen am Mittwoch!

Kyoto – Erster und zweiter Tag

Bevor es mit Kyoto losgeht, wollte ich noch ein Bild anbringen, das ich am Abend beim Weggehen in Osaka geschossen habe:


Tierschützer mal wegkucken.

Da gab es allen Ernstes eine Tierboutique, in der Tierbabies als Accessiores für die Frau von Welt angeboten werden. Die Welpen und Kätzchen wurden in winzigen Plastikwürfeln gehalten, zusammen mit der passenden Kleidung neben an. Die armen Tiere waren sichtlich gestresst, da der Laden direkt in der Hauptstraße des Nachtviertels lag, und wo die Japaner sonst schon nicht gerade die leisesten Menschen sind, kann man sich vorstellen welchen Licht- und Ton Bombardements diese Tiere ausgesetzt sind. Die Preise sind übrigens gewaltig – wer sich eine dieser putzigen Fellknäuel nach Hause nehmen will, darf zwischen 1000 und 2000 ? lassen. Für mich einer der merkwürdigeren Gegensätze in diesem Land: Auf der einen Seite der intensiv gelebte Shintoismus, der sehr naturverbunden ist, und das große Engagement der japanischen Regierung zum Erhalt natürlicher Schönheit, zum anderen ein ziemlich gedankenloser und brutaler Umgang mit Lebewesen.


Ein japanischer Hochgeschwindkeitszug. Ich nenne sie liebevoll meine Weltall-Flundern.

Wie dem auch sei, einen kurzen Hüpfer später waren wir in Kyoto, wo wir in der Tourist Information ein sehr schönes Ryokan im Stadtkern Kyotos vermittelt bekommen haben. Wichtig ist übrigens, erst eine Weile mit den Damen dort zu verhandeln, und dann mit großen traurigen Dackelaugen zu sagen, das ein Zimmer im Zentrum schon schön wäre… Uns wurden zuerst einige doch recht teure Hotels im West-Stil angeboten, bis wir die Damen überzeugt hatten, dass für uns Futons am Boden echt kein Problem sind. Ich empfehle wärmstens, immer nach den Ryokans mit klassisch japanischen Zimmern zu fragen, unser aktuelles Drei-Mann Zimmer lässt keine Wünsche offen, bietet eine Übernachtung in traditionellem japanischen Ambiente und kostet für drei Mann 11.500 Yen, das sind ca. 23? pro Nase!


Unser Zimmer in Kyoto. Auf dem Tisch die Lacquer-Dose mit Teekanne und Schalen, hinter der Schiebetür noch ein kleiner Balkon mit Blick auf den Garten.

Frisch ausgeruht ging es dann heute früh in die Parkanlage rund um den alten Kaiserpalast in Kyoto. Was mich immer wieder begeistert und fasziniert ist die Perfektion, mit der jede Pflanze in diesen Parks in Szene gesetzt wird. Jeder einzelne Baum wurde streckenweise über Jahrzehnte oder Jahrhunderte liebevollst von Hand getrimmt, um letztendlich die richtige Form zu erreichen.


Japanisches Gartenwerkzeug.


Ich möchte nicht wissen, wie lange die Gärtner gebraucht haben, um den Baum in diese Form zu bekommen.

Leider ist der alte imperiale Palast in Kyoto nicht so ohne weiteres zugänglich. Man muss zuvor beim Imperial Household Office einen Zugang beantragen, was nur Wochentags möglich ist. Deswegen führte unser Weg mit dem Taxi weiter zum Goldenen Tempel, einem absoluten Highlight für den Sightseer von Welt, und ich habe auch fleißigst geknipst. Ursprünglich war der Goldene Tempel die private Villa eines Kaisers, und wurde irgendwann um 1400 rum nach seinem Tod in einen Zen-Tempel umfunktioniert. Dieser Tempel hat dann über 500 Jahre überstanden, bis 1950 ein Mönch so sehr von seiner Leidenschaft für diesen Bau überwältigt wurde, dass er das Gebäude komplett abfackelte. Seltsame Art von Liebe, aber mit der für Japaner üblichen Sorgfalt wurde der Tempel innerhalb von 5 Jahren wieder komplett aufgebaut. Die Gartenanlage, in der sich der goldene Pavillon befindet ist übrigens sehr gelungen und stiehlt diesem fast schon die Show.


Der goldene Tempel von Kyoto, Teil des Unesco Welterbes.


Wie bei allen japanischen Gärten sieht die Landschaft auf den ersten Blick ursprünglich aus…


Aber es ist alles bis auf den letzten Kieselstein durchdacht und arrangiert. Diese Gartenarchitekten hätte ich gerne für meine verwilderten Flecken zu Hause.

Natürlich ist alle Geschmackssache, aber ich genieße die Tempel-Parks hier sehr. Man darf ja nicht vergessen, das ist ein ritueller Ort, wenn man parallelen ziehen will, entspricht das in etwa einer Kirche bei uns. Aber ehrlich gesagt, diese Art von Spiritualität spricht mich wesentlich mehr an. Jeder Tempel ist in einen großen Garten eingebettet, und die Schreine existieren in totaler Harmonie mit der Natur. Inzwischen ertappe ich mich selbst manchmal dabei, wie ich mir im Eingangsbereich mit der Kelle die Hände reinige, vor dem Schrein eine 5 Yen Münze in den Opferkasten werfe, einmal laut klatsche und dann nach einer tiefen Verbeugung für ein paar Momente in mich gehe. Ich glaube jetzt nicht daran, das ein mystischer Hundegott meine Wünsche erfüllt, aber es stellt sich dann ein Gefühl von Respekt und Verbundenheit ein. Ist doch nicht die schlechteste Grundhaltung, die man gegenüber dem Leben einnehmen kann.


Diese Kuh symbolisiert eine Schutzgottheit für kleine Kinder und Neugeborene. Junge Paare schenken der Kuh bei geglücktem Nachwuchs ein Kinderlatz oder ähnliches.


Es gibt in Japan so viele Schreine, das ein Gebäude wie dieses im Reiseführer schon als nicht weiter nennenswert geführt wird. Das nenne ich mal ein Luxusproblem…

Morgen erwartet uns dann eines unserer kulinarischen Highlights. Nach ein paar Schwierigkeiten mit der telefonischen Reservierung haben wir in einem der besseren Restaurants von Kyoto ein Kaiseki vorbestellt. Das Kaiseki ist der Rolls Royce im japanischen Gastronomiebetrieb und gilt als die höchste Vollendung japanischer Küchenkunst. Es handelt sich um ein Menü von 8-10 Gängen, das nur von ausgewiesenen Küchenmeistern angeboten werden darf. Bei der Zubereitung der einzelnen Gänge wird auf die perfekte Harmonie in Geschmack und visueller Präsentation geachtet. Zumindest steht das so im Reiseführer, und ich bin schon ausgesprochen darauf gespannt.


So etwas würde ein Kaiseki-Meister wohl zum Aufwärmen machen.

Von traditionellen Hotels und verlorenen Museen – Nagayo und Osaka

Schon wieder sind zwei Tage vorbei. Wenn man erst einmal auf Achse ist, und fast täglich erst einmal eine Unterkunft finden und einchecken muss, bevor es ans Besichtigen gehen kann, rinnen einem die Stunden wie nichts durch die Finger. Der gestrige Tag ist bis auf die Unterkunft recht ereignislos verlaufen, da Nagoya eine Industriestadt ist, zu der wir nur aus Arbeitsgründen einen Abstecher machen mussten.


Ein Brunnen im Zentrum von Nagoya.

Da wir bis Abends Zeit hatten, kramten Andi und Ich im Reiseführer nach Sehenswürdigkeiten und wurden auch fündig: Das Nagoya Robot Museum, das uns als Otaku Heaven, also Himmel für Geeks, angeboten wurde. Andi scheint irgend einem Anime-Helden ähnlich zu sehen, weshalb er bei den jungen Damen hier sofort fröhliches Kichern und tiefe Augenaufschläge erntet, also übernahm er die Aufgabe, nach dem Weg zu fragen. Die erstbeste Passantin blieb sofort stehen, und lieferte wieder ein Paradebeispiel für die sagenhafte Hilfsbereitschaft der Japaner: Sie hatte keinerlei Ahnung, wo dieses Museum war, und mühte sich eine Viertelstunde durch unsere gesamten Karten. Wir haben das schon mehrfach erlebt, selbst wenn die Leute hier keinen blassen Schimmer haben, versuchen sie mit vollstem Einsatz, dennoch zu helfen.


An dieser Stelle war mal der Eingang zum Roboter Museum.

Leider brachte alles nichts: Das Nagoya Robot Museum wurde letzten Herbst geschlossen, weshalb wir uns etwas geknickt auf dem Weg zum Atetsu Schrein machten, der 1900 Jahre alt ist und angeblich der zweitwichtigste Shinto-Schrein des Landes. Der strömende Regen hat aber dafür gesorgt, das wir nach ein paar Fotos wieder zum Hotel flohen.


Eine tausend Jahre alte Zypresse, das schönste Exemplar im Schrein.

Das Hotel war übrigens ein Ryokan, ein traditionell geführtes japanisches Hotel. Dort werden die Betten auf sehr bequemen Futons am Boden gemacht, der aus Tatami-Matten besteht. Man bekommt Schlaf-Kimonos und darf am Abend Baden, denn in Japan ist es gute Tradition, den Tag mit einer halben Stunde in einem heißen Becken ausklingen zu lassen. Ich brauche nicht zu erwähnen, das wir danach wie Steine ins Bett gefallen sind und gut geschlafen haben.


Kirschblütentee zum Frühstück. Ja der war so lecker wie er aussieht.

Nach einem leckeren Frühstück ging es mit dem Shinkansen nach Osaka. Bahn fahren in Japan ist ein absoluter Genuss, da diese Züge ebenso schnell wie komfortabel sind. Diese futuristischen Flundern schleichen in den Bahnhof, und wenn man innen sitzt, wird man vom sonoren Summen der Motoren begrüßt. Bei der Abfahrt wird man leicht in die weichen Polster gedrückt, während das Summen zu einem Sirren wird, wenn die mächtigen Aggregate den Zug auf gute 250kmh schleudern. Während der Fahrt passieren regelmäßig Stewardessen die Wagons und verkaufen günstig Speisen und Getränke. Wenn sie am Ende des Wagens abkommen, schieben sie ihren Wagen durch, drehen sich zu den Gästen (Alle Sitze zeigen in Fahrtrichtung und sind zu diesem Zweck schwenkbar) und verbeugen sich tief, während sie mit einem Lächeln danken, dass sie den Gästen zu Diensten sein durften.. Das ist so liebenswert und freundlich das ich echt aufspringen und die knuddeln könnte!


Knuddelige Tiere auf einer Werbetafel in der U-Bahn. Die Japaner stehen auf superzuckerobersüß.Schaut auch mal das retuschierte Lachen vom Hasen links an.

Ich habe noch etwas wichtiges gelernt: Normal verschweige ich mein Heimatland im Ausland lieber, weil man als Deutscher gerade von Amerikanern und Briten gerne von der Seite angemacht wird. Nicht so in Japan, hier ist es genau das Gegenteil. Nachdem ich es anfangs nicht glauben konnte, versuchte ich es ein paar mal, und in der Tat hat es sich ausnahmslos bestätigt: Sobald die Japaner erfahren, das man aus Deutschland kommt, schrauben sie ihre Xenophobie ein paar Gänge zurück und man kann mit ihnen viel zwangloser reden. Die meisten werfen einem dann sofort ein "Guten Tag!" entgegen und fragen sofort, ob man aus München oder Berlin kommt. Ein "Doitsu-Jin des" am Anfang einer Unterhaltung bewirkt tatsächlich wahre Wunder hier und bringt einem schon mal ein Freigetränk ein.


Apropos freundlich: Beachtet mal die Aufschrift auf diesem Kaffee-Automaten. Dort wird der Kaffee als ‚Quick, Tasty, Friendly‘ angeboten. In welchem Land der Welt wäre es denn bitte den Menschen wichtig, das ein Kaffee freundlich ist??

Heute waren wir in Osaka noch auf der Burg, die sehr viel interessantes Material hatte. Leider war in der Burg Fotografierverbot, also verschone ich euch mit den Details zum Summer War von Osaka von 1614. Jetzt werden wir uns noch ein wenig das Nachtleben in Osaka anschauen, bevor es Morgen wieder kulturlastig wird: Nächster Stopp sind 4 Tage in der alten Kaiserstadt Kyoto. Da werdet ihr dann hoffentlich von mir lernen, was ein Kaiseki ist, ob eine Teezeremonie das hält, was sie verspricht und ob man ins Gefängnis kommt, wenn man die berühmten Geishas von Kyoto fotografiert.


Die Burg von Osaka. Der Erbauer der Festung ist in Osaka sowas wie ein Volksheld und seine Lebensgeschichte wird in der Burg an 19 Bildschirmen erzählt.

Mein persönliches Fuji Erlebnis

Jetzt würde ich ja gerne mit einer Vielzahl der atemberaubendsten Eindrücke und herzergreifend schönen Landschaftsfotos meine heroische Besteigung des Fuji dokumentieren. Aber dafür haben wir einfach die falsche Zeit erwischt. Da man einem Reiseführer ja nicht blind glauben muss, machten wir uns trotzdem mal auf den Weg zum Berg.


So bequem sitzt man in einem japanischen Bus.

Das optische Highlight gab es eigentlich gleich zum Anfang: Am Fuß des Berges liegt ein imposanter Schrein, der in einem Wald aus gigantischen Kiefern (oder Kiefernartig, ich bin kein Botaniker) ruht.


So begrüßt einen der traditionelle Wanderweg zum Gipfel des Fuji.


Die heiligen Bäume des Schreins können zwar keine Redwood Eichen schlagen, aber groß sind sie allemal.

Von der herrlichen Tempelanlage angestachelt marschierten wir zügig zum offiziellen Wanderweg, der für die Bergbezwinger mit rosa Schleifen an den wenigen Kreuzungen markiert ist. Dieser Weg ist bestimmt wunderschön, wenn der Mischwald, durch den er sich schlängelt, belaubt ist, aber so ging es ziemlich unspektakulär über rostfarbenes Laub an braunen Baumskeletten vorbei.


Dieser Anblick bietet sich nahezu die ganzen 7,5 km bis zur ersten Schwelle.

Wenn man den Fuji besteigt, hat man drei Phasen. In der ersten Phase geht es durch einen im Hochsommer bestimmt sehenswerten Mischwald, immer leicht bergauf. Der Wald ist selbst ohne Laub leider zu dicht, um Seufzer ob eines schönen Ausblicks ausstoßen zu können. Ich hatte mir in meiner Phantasie einen weiten Blick über die geschwungene Landschaft zu den Füßen des mächtigen Fuji ausgemalt und ganz aufgeregt die ganze Nacht ergriffene Aaaahs und Oooohs geübt (lassen wir an dieser Stelle lieber stehen was sich die anderen im Raum bei den Geräuschen gedacht haben), und habe nicht ein einziges Mal einen freien Blick vom Fuji nach unten gehabt.


Bei solchen Bildern ist der Text von Warnschildern überflüssig.

Phase 2 beginnt nach ca. 8 Kilometern mit Stufen, die zu einem von zwei Affenstatuen flankierten Tor führen. Hinter dem Tor wird der Anstieg wesentlich steiler, und führt in 5 Etappen den Berg hinauf.


Hier beginnen die 10 Etappen zum Erklimmen des Fuji.


Die erste Etappe, hier sind wir schon an die Schneefallgrenze gekommen.

Hat man die ersten 5 Etappen überwunden, an deren Ende jeweils eine kleine Station steht, landet man bei der größten Station. Diese wird auch als das Tor zwischen Himmel und Erde bezeichnet. Dort gibt es auch eine Möglichkeit, einen Bus zum Tal zu nehmen. Nach dieser Stelle beginnt die dritte Phase, ein steiler Aufstieg bis zum Gipfel des Fuji in 5 weiteren Etappen. Ab dieser Stelle hört die Bewaldung, die einem sonst den Blick ins Tal verwehrt, auf, und man kann sicherlich eine weitläufige Aussicht genießen.


Hier war für mich Schluss, da die Schneedecke immer trügerischer und rutschiger wurde. Von der Wirkung der Kälte auf meinen Husten einmal ganz abgesehen.

All das war mir nicht vergönnt. Auf 1520 Meter musste ich umdrehen, da der Weg immer schwieriger wurde und meine Erkältung sich immer stärker bemerkbar machte. Da Max und Andi noch weiter wollten (Sie haben es aber auch nur bis Etappe 3 geschafft, dann war der Schnee hüfthoch), machte ich mich allein auf den Rückweg. Und da hatte ich es, mein sagenhaftes Fuji-Erlebnis. Die Sonne zog vorsichtig ihren Kopf aus den Wolken, zwischen meinen langsamen Schritten ertönte das Zwitschern unzähliger Singvögel, und an einen Baum gelehnt wartete ein mannshoher Stock darauf, mir als Wanderstab zu dienen.


Ein Birkenhain auf dem Weg nach unten.

Der folgende Marsch von 3 Stunden war sehr ruhig, und meinen Stab schwingend schlenderte ich den Berg hinunter und genoss den Frieden um mich herum. Es ist toll, einfach mal nichts zu machen außer den Boden unter seinen Sohlen zu fühlen, das Klacken seines Stabs auf dem Weg zu hören und die Gedanken treiben zu lassen. Als ich am Ende im Tal angekommen war, opferte ich im Schrein eine 5-Yen Münze für den Stock, das mir Gesellschaft geleistet hatte, und stellte ihn neben die Statue eines Wanderers. Tja, und das war mein Fuji. Keine tollen postkartentauglichen Bilder, kein „Ich war bei Sonnenuntergang am Gipfel“ Erlebnis, kein einziger freier Blick ins Tal zum Schmelzen, aber dafür meine ganz persönliche und besinnliche Fuji-Erfahrung.


Ich und mein Wanderstecken. Am liebsten hätte ich ihn mitgenommen.

Kawagutchiko


Ein letzter Ausblick von unserem Appartement in Tokio.

Wir hätten uns kaum einen drastischeren Bruch mit dem lauten Stadtleben von Tokyo aussuchen können als Kawagutchiko:
Wir stiegen aus dem winzigen Bummelzug aus, der 2 Stunden lang alle gefühlten 50 Meter an einem mikroskopischen Bahnsteig anhielt, um eine Ladung Schulkinder aus- eine andere Landung Schüler einzuladen und ein kleines Säckchen mit Post einzusammeln. Die Luft war herrlich frisch, die Sonne strahlte höchst motiviert, und gerade als sich die Bergidylle über uns senken wollte, hörten wir unsere Nemesis: Die Ampel am Bahnhofsplatz von Kawagutchiko. Irgendein sicherlich hoch dekorierter Japaner ist auf die Idee gekommen, die Rot und Grün Phasen mit einer Erkennungsmelodie zu untermalen. Das Resultat: Man stelle sich einen uralten Gameboy von Nintendo vor, den man an zwei dicke Verstärker gehängt hat. Das Ergebnis sind zwei einprägsame Piepston Orgien, die sich im 30 Sekunden Takt abwechseln.


Der malerische Bahnhof von Kawagutchiko. Gute Nacht, Hase. Gute Nacht, Fuchs.

Unter dem "Tüt tü tüt tut tüdüdeldü tüdeldüdü tüdüdeldü" der Ampel schleiften wir unsere schweren Rucksäcke zur Tourist Information, wo wir uns nach einer Übernachtungsmöglichkeit erkundigten. Natürlich gibt es nur zwei grundsätzliche Varianten: richtig teuer (um die 230-350? die Nacht) oder sehr preisgünstig. In Anbetracht der nicht ganz so prallen Kampfkasse meiner mitreisenden Freunde wurde die Jugendherberge gewählt.


Die belebte Eingangshalle der Jugendherberge von Kawagutchiko – Erst um 21:00 trafen alle ein.

Diese war beim Eintreffen ebenso menschenleer wie der gesamte Ort. Hätten wir unsere Reiseführer etwas kritischer gelesen, wäre uns schon vorher klar gewesen, das wir in genau den 4 Wochen zwischen dem Ende der Kirschblüte und dem Anfang der Fuji Wandersaison liegen. Da die Herberge stockdunkel war, betraten wir zögerlich das Foyer und riefen ein paar mal "Hello?" "Konitchiwa?". Irgendwann ertönte ein schlürfendes Geräusch und eine uralte Oba-san (Großmütterchen) begrüßte uns mit einem zahnlosen Grinsen. Da das Uni-Japanisch ihrem fiesen Gebirgsdialekt nicht gewachsen war, holte sie ihren nicht minder alten Gatten herbei, der zielstrebig die wichtigsten Schlüsselwörter "Member?" "Reservation" etc. heraus bellte. Generell werde ich nach diesem Urlaub jeden Spieleabend mit Pantomime dominieren, da ich hier meistens den Tanz der Tausend Hände aufführe, um aus meinem quasi nicht vorhandenen Japanisch und dem sehr schlechten Englisch der Japaner eine zielgerichtete Unterhaltung zu erstellen.


Noch nie in einer Jugendherberge gewesen? Ich bin tatsächlich der einzige JH Veteran in unserem Trio.

Das ist übrigens sehr lustig: Alle Japaner haben mehrere Jahre Englisch an der Schule, der Unterricht dort basiert aber rein auf Büchern. Deswegen verstehen die meisten Japaner geschriebenes Englisch gut, gesprochenes hingegen gar nicht. Ich habe mir schon überlegt, bestimmte wiederverwendbare Gesprächsbausteine auf Karteikarten zu schreiben, um sie den Leuten dann hin zu halten. Wenn man den Fehler begeht, es gleich auf Japanisch zu versuchen, gibt es auch hier kein Mittelmaß: Wer Konitchiwa sagen kann, versteht auch einen zwei minütigen Monolog in Maschinengewehrjapanisch. Ich liebe diese Menschen! Der japanische Drang zu Extremen ist etwas, worunter ich mitunter auch neige, und hier ist es ganz alltäglich. Hier wird sehr gern einem Ausrufezeichen noch ein zweites, drittes oder viertes spendiert. Ach und am besten zwei Meter groß!! In Pink!!! Und blinkend!!!!


Sehr bescheiden: Der Fuji ist der schüchternste Berg der Welt. Dieses possierliche Felsmassiv versteckt sich gerne hinter Nebel, Wolken oder Stromkabeln und ernährt sich von unvorsichtigen Touristen. Zur Paarungszeit markiert er sein Revier mit Seen aus flüssigem Gestein.

Nachdem wir den Basispreis für die Betten gelöhnt hatten, erkundigten wir uns nach den im Internet angepriesenen Zusatzleistungen : "Breakfast?" Stirnrunzeln, Grinsen, bedächtiges Kopfschütteln. "Aaaaah hai, so desu ka. No bleckfast." "Dinner?" Verständnisvolles Nicken "Hai, Dinnel! You like dinnel?" Wir nicken eifrig. "Ah, so desu ka! We no dinnel, sumimasen" Letzten Endes gaben wir uns geschlagen und gingen im einzig offenen Restaurant vor Ort, ein Inder, zum Abendessen.


Lake Kawagutchiko. Einer der fünf Seen, die sich im Norden an den Fuji schmiegen.

Dort waren wir die große Attraktion. Während Ich mir eine kleine Portion Curry bestellte, orderten Max und Andi zwei große Menüs. Obwohl sich die Japaner an den anderen Tischen große Mühe gaben, nicht aufzufallen, starrten sie immer wieder fassungslos an unseren Tisch, wenn für die hungrigen Gaijin die nächste Platte aufgefahren wurde. Als wir schließlich noch einen zweiten Tisch brauchten, um alles unter zu kriegen, brach großes Gelächter im Lokal aus.


Ein zweiter Tisch zum Auslagern für nur drei Gaijin: So was lieben die Japaner!

Da in unserer Herberge bereits um 2100 Zapfenstreich ist, fiel der erste Tag etwas kürzer aus als geplant, aber dieses skurrile alte Ehepaar war es Wert. Da verzeiht man auch die höflichen, ruhigen Westler-Touristen, die bis drei Uhr Morgens zumindest dem Lärmpegel nach mit Tischen geworfen haben und die Türen nicht einfach schließen konnten, sondern durch heftiges in-die-Angeln-schmettern zumindest mehrfachen versuchten Portalmord begangen haben. Aber gut – in welcher Jugendherberge ist das nicht so?

Die Tempel von Kamakura

Das Wetter hatte Erbarmen mit uns, und so konnten Ryan, Andi, Mini, Ray und Ich den Weg nach Kamakura wagen. Obwohl es vor 30-40 Jahren ein total verschlafenes Nest war, wurde der Ort mit japanischer Präzision für den Tourismus erschlossen. Eine knappe Stunde Zugfahrt von Shinjuku aus ließ uns am geschäftigen Bahnhof von Kamakura ankommen.

Es gibt ein ganz einfaches Merkmal für die „großen“ Sights in Japan: Viele auf europäisch getrimmte Restaurants und ein Meer aus kleinen Flaggen, die von den Reiseleitern getragen werden. Da der Zug gut gefüllt war und man die Luft am Ende schneiden konnte, genehmigten wir uns erst einmal ein Erfrischungsgetränk.


Melon Soda mit Vanille-Eis. Schmeckt der chemischen Optik zum trotz nicht künstlich, dafür lecker.

Solchermaßen erfrischt irrten wir erst einmal ein paar Straßen weiter. Orientierung in Japans Städten stellt einen vor drei grundsätzliche Probleme:
1.Straßenbeschriftungen sind reine Glückssache. Selbst in Tokio sind die meisten Straßen unbeschriftet.
2.Selbst wenn die Straßen beschriftet sind, so geschieht dies meistens mit Kanjis für Eigennamen, die den meisten nicht bekannt sind.
3.Öffentliche Karten werden immer auf den Blickpunkt des Betrachters ausgerichtet. Steht man also vor einer Tafel, die nach Westen steht, ist Oben auf der Karte Westen, nicht Norden.

Dank der Unterstützung von Ray und Mini fanden wir dann doch den richtigen Weg, und konnten unsere ausgedehnte Wandertour zum Daibutsu beginnen.


Kamakura wimmelt geradezu von charmanten kleinen Schreinen. In jedem einzelnen könnte man sich stundenlang reinsetzen und die Aussicht genießen.

Es folgte ein geschlungener Bergpfad, der uns durch üppige Vegetation zu unserem ersten Stop führte: Ein in die Berge eingelassener Shinto-Schrein, der nur über einen Höhlengang betreten werden kann.


Eine der kleinen Gebets-Stätten. Man zieht an der Kordel, um durch eine Glocke die Götter aufzuwecken, dann klatscht man in die Hände, verbeugt sich tief und hält ein kurzes Gebet.

Ray war von dem Angebot total begeistert und stürzte sich mit einem Arsenal an 5 yen Münzen auf jeden Schrein, den sie finden konnte. Diese kleinen bronzenen Münzen mit einem Loch in der Mitte gelten als Glücksbringer und werden vor dem Gebet am Schrein in einen Opferkasten geworfen. Der Tempel ist harmonisch in die Felsen eingebettet, und verfügt über einen Höhlenschrein, in dem Japans beliebteste Geldwäsche steht.


Vor diesem Schrein befindet sich ein Becken…


In dem man nach altem Brauch Geld mit Wasser aus den Kellen übergießt. Angeblich bringt das so gewaschene Geld Glück und Reichtum.

Die Pilger warfen neben ihrem Kleingeld auch die Geldscheine in ihre Waschschüsseln. Ich weiß nicht, ob ich ein paar hundert Euro in einem Gebirgsbach tränken würde, aber angeblich ist der Yen gut wasserfest.
Unser weiterer Weg führte uns durch eine idyllische Berglandschaft mit den unterschiedlichsten Blumen. Ich musste nie lange Aussicht halten, da bei jeder schönen Blüte die beiden Japanerinnen losgurrten. Ich glaube dieses Geräusch ist in internationalen Konventionen festgelegt, und klingt in etwa so: „Aaaaaaaawwwwh“ Mein Verdacht ist ein gekoppelter Mechanismus, der bei bestimmten Schlüsselreizen der Kathegorie ‚Niedlich‘ wie Babies oder Blumen dieses Gurren auslöst. Dicht darauf folgend wurde ein ‚Sugoi! Mite! Kawai!‘ abgefeuert, was dann auch das Kommando zum Kamera-Schuss war.


Awwwwwh… Sugoi!!! Mite!

Eine kleine Sammlung der Bilder findet ihr unter (Adresse hier). Am Fuße des Berges angelangt wurde man von mehreren Schildern geschickt durch fünffach gewendete Einkaufsstraßen geschleust, um endlich bei DER Attraktion Kamakuras anzukommen, dem Daibutsu (Dai = Gross, Butsu=Buddha). Diese beeindruckende Statue ist 11,40m hoch und wiegt 91 Tonnen. Wir haben uns sogar das klaustrophobische Vergnügen gegönnt, in die Statue hinein zu klettern.


Von links nach rechts: Ich, Mini, Ryan, Ray, Andi

Für unser Gruppenfoto halfen ein paar junge japanische Touristinnen aus, die im Ausgleich ein Foto mit Ryan haben wollten. Überhaupt war er als größter und breitester Gaijin eine Attraktion für die Japaner und wurde ständig fotografiert.


Auch ein Buddha muss mal laufen: Daibutsu’s Sandalen

Nach einem erfrischenden Mahl in einem Tempura Shop (gebratener Reis mit Beilagen) ging es weiter mit dem Bus zum Hokokuji-Tempel, der für seinen Bambushain berühmt ist.


Ein Blick nach Oben in das Blätterdach des Hikokuji-Tempels.

Auch der Meditationsgarten war mir ein Foto wert:


Einer der vielen Flecken, an denen man es durchaus länger aushalten könnte.

Nach weiteren 40 Minuten Fußmarsch (Mini und Ray wieselten auch nach 7 Stunden Fußmarsch wie Ameisen auf Exstacy hin und her) gelangten wir zu unserem letzten Stop, dem Hokaji Tempel. Diese gewaltige Tempelanlage war zwar durchaus eindrucksvoll, aber irgendwie gefallen mir die ruhigeren, kleinen Anlagen besser.


Japaner verpassen den Helden in ihren Animes gern ‚Spikey Hair‘. Das gleiche haben sie sich wohl bei diesem Baum gedacht.


Zeremonieller Bereich in den äußeren Bezirken des Tempels. Der eigentliche Schrein darf nicht direkt fotografiert werden.

Am Ende des Tages traf mich im Zug meine über Tage verschleppte Erkältung mit voller Wucht, weshalb der Sonntag und ein Großteil des heutigen Tages im Bett verbracht wurden. Jetzt fühlen wir uns aber alle für unseren nächsten Stop gewidmet: Fuji-San, der Japaner liebster Berg.

Tokio – die letzten Tage

Inzwischen sind ein paar Tage seit dem letzten Bericht vergangen. Leider nicht aus dem erfreulichsten Grund – nach dem sehr schönen Ausflug nach Kamakura am Samstag wurde unsere gesamte Truppe von einer ekelhaften Erkältung niedergestreckt. Heute ist noch ein Tag Ruhepause, unser erster Stopp der Rundreise wird Morgen der Nationalpark am Fuji sein, dem Lieblingsberg aller Japaner. Insofern sich die Gelegenheit (vor allem Internet) ergibt, werde ich versuchen auch von dort ein paar Eindrücke zu teilen.


Die Nationale Kunstgallerie Tokios. Betonung auf GALLERIE!

Donnerstag war das Wetter wieder einmal sehr schlecht – überhaupt ist die Wettergöttin eine ausgesprochen launische Person. Bisher war jeden Tag abwechselnd Sonne – Regen – Sonne – Regen. An den Sonnentagen hat es hier bis zu 24°, wenn es regnet geht es auf bis zu 8° runter. Da unsere lokalen Kontakte alle keine Zeit hatten, bin ich mit Andi zusammen allein losgezogen. Natürlich lief alles schief. Zuerst schafften wir es zweimal, das Metro Ticket falsch zu verwenden, weshalb wir am Ende den vierfachen Fahrtpreis bezahlt hatten.


Bei diesen Plänen steigt man nicht immer durch.

In Roppongi eingetroffen hasteten wir durch den schauerartigen Regen in die Roppongi Hills Gebäude, ein gewaltiger 52-Stöckiger Komplex mit extrem moderner Architektur. Leider ist ohne Führung der Großteil nicht begehbar, und mein Japanisch reicht für die notwendigsten Alltagshandlungen, aber nicht für das Organisieren eines Führers.

Entsprechend enttäuscht ging es dann bei strömendem Regen zum „National Museum of Art“. Die junge Dame am Ticketschalter, drückte uns panisch eine sehr merkwürdig aussehende Karte für einen Wucherpreis von 3000 yen in die Hand. Wie es sich herausstellen sollte, waren die Wegweiser einfach dumm übersetzt, denn wir waren nicht bei einem Kunstmuseum sondern einer Galerie gelandet, wo wir uns Bilder moderner Europäischer Maler ansehen mussten.

Um diesen Lost in Translation Tag vollkommen abzurunden waren wir noch im Don Quijote, eines der verrückteren Kaufhäuser in Tokio. Da die meisten der Dinge, die dort schon in der Kinderabteilung verkauft werden, schwer gegen den Jugendschutz verstossen, veröffentliche ich lieber keine Bilder davon. Aber soviel will gesagt sein: Püppchenkleider und Dienstmädchenuniformen sind hier SCHWER gefragt.


Das japanische Nationalmuseum. Dieses Mal das Richtige.

Am Freitag wollten wir uns die Schlappe des Vortages nicht gefallen lassen und fuhren zum ebenfalls sehr schönen Ueno Park. Da wir auf der Rundreise aber noch einiges an Landschaft tanken werden, hier noch ein paar Kulturelle Schnappschüsse:


Eine über 10.000 Jahre alte Tonvase aus Japan. Für das Alter keine schlechte Arbeit!


Eine nette Tigerstatue. Rechts unten in der Höhle ist noch ein zweiter Tiger versteckt.


Ein Beispiel für klassische japanische Schriftrollen. Generell gilt in Japan bei allem: Das Auge isst mit.


Die Rüstung eines Damyo (Fürsten). Im Übrigen so klein, dass heute höchstens noch ein Kind rein passt.


Die Klinge eines Katanas aus dem 13.Jahrhundert. Sieht nach über 700 Jahren immer noch wie neu aus.


Ein sehr hübsches Laquer-Set. Sollte man als Friedensgeschenk für die Frau dabei haben, nachdem man sich das Schwert gekauft hat.

Nach dem Museum ging es bei bestem Wetter nochmal zum Meji Schrein im Yoyogi Park. Ich habe nochmal ein Set Fotos gemacht, aber ohne die Massen von Touristen wirkt er wesentlich authentischer. Trotzdem gab es etwas zu sehen:


Ein Exemplar der Ikebana Ausstellung. Die dort präsentierten Gestecke waren alle so schön, dass die Auswahl echt schwer gefallen ist.


Gutes Wetter – Hochzeitswetter. In der Stunde, die wir im Meji Schrein waren, konnten wir insgesamt drei Hochzeitsgesellschaften betrachten.

Abends waren wir dann noch zum Essen eingeladen, leider hatte Ryan vergessen, das auch noch Tischtennis eingeplant war. Also durften wir in Socken und im Unterhemd spielen. Wenigstens waren unsere Gastgeber nicht so gut wie die zwei japanischen Pärchen älteren Semesters, die sich in einem atemberaubenden Tempo die Bälle um die Ohren droschen. Beim Essen selbst lernten wir dann Mini kennen, die meinen Freund Max schwer beunruhigt hatte, als sie bei der zweiten Verabredung nach seinen Heiratsplänen gefragt hatte. Da sie mit uns sichtlich keine ähnlichen Absichten verfolgte, wurde es ein spaßiger Abend, bei dem mir Hiro einiges an Japanisch bei brachte.


Hello dear friends from Japan, here is your picture! Domo arigato gozaimasu!

Auf dem Bild von Links nach Rechts: Ray, Hiro, Andi, Mini und Ryan (mein Personal Pocket Translator). Als Mini und Ray erfuhren, das wir am Samstag nach Kamakura wollten (eine kleine Tempelstadt südwestlich von Tokio), luden sie sich spontan selbst ein – doch mehr zu Kamakura im nächsten Bericht.

Schreine, Paläste und anderes Kulturelles

Hinter der ganzen bunten Neonkulisse sind in Tokyo natürlich auch sehr schöne traditionelle Gebäude versteckt. Da unter der Woche das Nachtleben in Tokyo bereits um 00:00 endet (ja, in einer 16-Millionen Metropole fahren die letzten U-Bahnen Mitternacht, dann ist bis 6 Uhr Morgens Zapfenstreich), sollte die Zeit für klassisches Sightseeing genutzt werden.

Leider regnete es gestern den ganzen Tag, deswegen fiel Imperialer Garten und der Tokio-Tower aus. Dafür konnten wir einen buddhistischen Tempel besuchen. An dieser Stelle will ich kurz ausholen: Die beiden großen Religionen sind Buddhismus und Shintoismus. Die Schreine sehen an sich sehr ähnlich aus, unterscheiden sich aber in kleinen, wichtigen Details. Doch erst die Gemeinsamkeiten:


Hier der Reinigungsbereich des nationalen Schreins.

Bei beiden Religionen ist es Pflicht, gereinigt zum Gebet zu erscheinen. Deswegen gibt es für die Gläubigen Waschbereiche, in denen sie ihre Hände, Ihr Haupt und anschließend die Kelle reinigen. Ich habe das aber von einem Thaiwaner in brüchigem Englisch erklärt bekommen, deswegen bitte keine erboste Post zu eventuellen Ungenauigkeiten.


Diese mächtigen Tore säumen den Weg zu nationalen Schrein nördlich des Yoyogi Parks.


Der Innenhof des nationalen Schreins. Die Eingangsbereiche jenseits von Ost, West und Südtor sind jeweils symmetrisch angelegt.

Die liegen vor allem in der Zielrichtung: Beim Shintoismus dreht es sich um Dinge im aktuellen Leben. Man geht zum Schrein, bringt eine Opfergabe, und verfasst sein Gebet. Das kann die Bitte um erfolgreiches Bestehen einer Prüfung, den gefahrlosen Verlauf einer Schwangerschaft und anderes sein. Prinzipiell dreht es sich immer um Dinge aus dem diesseitigen Leben.


Hier hängen die Gebete der Gläubigen.

Den Buddhistischen Tempel erkennt man an der Abwesenheit der Gebetstafeln, dafür findet man dort Statuen von buddhistischen Gottheiten.


Kann es sein, dass es die Göttin der Gnade ist? Aufklärung wird dankend angenommen!

Natürlich gibt es dort auch einen goldenen Buddha, und zumindest in dem Schrein, den ich besucht habe, hat es wahnsinnig gut nach Räucherstäbchen geduftet. Im Buddhismus geht es um Erleuchtung und um das Leben nach dem jetzigen, hier gehen die Japaner also hin, wenn es ihnen um Afterlife-Investment geht. Eine sehr nette Tradition bei den Buddhistischen Tempel ist die Möglichkeit für den Besucher, sich einen Rat zu ziehen. Dabei lost man eine Nummer aus, öffnet eine entsprechende Schublade und zieht dort einen Zettel. Auf diesem kann eine Gute oder eine Schlechte Nachricht stehen. Gute darf man behalten, die Schlechten werden an einen Baum gebunden. Da schnell die Bäume mit den schlechten Nachrichten vollgepflastert wären, hat man sich Alternativen einfallen lassen:


Hier darf man sich sein Schicksal ziehen. Die schlechten werden an diesen Wäscheständern aufgehängt.


Die Blechdose wird gerüttelt bis ein Holzstift herausfällt. Dann darf man die Schublade öffnen, welche die Nummer auf dem Holzstift hat.

Der Zojoji Tempel, in dem wir auf dem Weg zum Tokio Tower gelandet sind, hatte noch eine Besonderheit: Im Garten des Tempels stehen hunderte Statuen von Jizo Gottheiten, die den ‚Wasserkindern‘ (abgetriebene Kinder) gewidmet sind.


Diese Statuen stehen für die Seelen, die an der Reinkarnation gehindert wurden. Ich fand es ausgesprochen makaber, das ausgerechnet hier Mülltonnen aufgestellt wurden.

Leider ist Onkel Stefans Märchenstunde vorbei, aber ein paar Leckerbissen will ich nicht vorenthalten, die ich aus Zeitgründen nicht ausführlicher beschreiben kann:


Der zentrale Turm des Imperialen Palastes. Wurde mühsam erbaut, nur um nach 19 Jahren schon abzubrennen.


Mein Japanisches All you can eat Grillen.


Tokio aus 250 Meter Höhe vom Tokio Tower bei Tag…


Und Nacht. Weil ich das Bild so mag, gibt’s das ausnahmsweise in höherer Auflösung.

Glossar

Da schon ein paar Fragen gekommen sind, sammele ich hier einmal die wichtigsten Redewendungen und Informationen

I.Redewendungen

Betsu-Betsu
Wenn man gemeinsam Essen geht, gibt es öfters eine Sammelrechnung. Mit Betsu Betsu bekommt man getrennte Rechnungen.

Chotto matte
Einen Moment bitte. Hört man eigentlich ständig, ob im Laden, an Türen oder wenn man verzweifelt gegen eine Klotür hämmert.

Chotto wakarimasu
‚Ich verstehe wenig‘. Mein Lebensretter. In Japan wird man meistens auf japanisch angesprochen, da Japaner davon ausgehen, dass der Besucher die Sprache beherrscht. Zu einem ‚Do you speak english‘ kommt man gar nicht, außerdem wird das ungern gesehen. Mit einem ‚Sumimasen, chotto wakarimasu‘ ist man aus dem Schneider, und wird auch ausgesucht freundlich behandelt. Es wird nicht erwartet, das man gut Japanisch spricht, aber über guten Willen freuen sie sich sehr.

Gaijin
Kommt von Gai (Gaikoku, Ausland) und Jin (Mensch). Fremder, Ausländer. Japaner haben von jedem Volk eine ganz bestimmte Vorstellung, und was nicht passt, wird passend gemacht. Als Doitsu-Jin (Deutscher) hat man z.b. Würstchen und Bier zu mögen, sollte blond sein und etwas ungehobelt. Allgemein ist ein Gaijin ein Westler, und damit groß, breit und vor allem ungewaschen. Das Baden ist sehr tief in der Japanischen Kultur verbreitet, und für die Japaner stinkt selbst ein gut gepflegter Europäer ziemlich animalisch.

Ganbatte!
‚Sei stark‘. Wird in Japan verwendet um jemandem Mut zu schenken oder ihn anzufeuern.

Gomenasai!
Verzeihen Sie mir! Während „Sumimasen“ eher für das Erwecken von Aufmerksamkeit genutzt wird, kann man sich mit diesem Wort anständig entschuldigen.

Hidari
Links. Nicht das es was bringt, weil selbst Einheimische meistens bei den Wegbeschreibungen kapitulieren.

Konitchiwa und Sayonara
Hallo und auf wiedersehen. Unter Freunden kann man sich auch mit Chaaameeee verabschieden. Wenn man sich das erste Mal trifft, stellt man sich mit ‚Hajimemashite, xxx desu. Dozo yoroshiku.‘ vor. Arme nach unten am Körper lassen, Hände an die Seiten und tief verbeugen, dann erspart man sich fünf Minuten unbeholfenes Händeschütteln.

Kanpai
… wird beim Zuprosten gerufen.

Kore wa
‚Das da‘. Hervorragend um etwas zu bekommen, dessen Namen man nicht kennt. Mit ‚Kore wa nan desu ka‘ kann man fragen, was etwas ist.

Kowei
Erschreckend, kann auch ängstlich heißen. Wird gerne mit Kawai verwechselt, das ’süß‘ oder ‚hübsch‘ bedeutet. Da kann man sich bei einem gut gemeinten Kompliment schnell in die Nesseln setzen, wie unser Amerikaner Ryan, der das gerne macht.

Kudasai
Korrekt o kudasai,aber das o wird an das Objekt gehängt. Beispiel: ‚Kore o hitotsu kudasai‘ bedeutet ‚Eines hiervon bitte‘.

Masúge
Geradeaus. Sehr lustig einem Japaner dieses deutsche Wort beizubringen.

Migi
Rechts. Siehe Hidari zum Nutzen.

Mite!
Kuck mal! Habe ich auf dem Wanderweg bei Kamakura bei jeder zweiten Blüte von Mini gehört, meistens gefolgt von einem SUGOI oder einem Kawai.Übrigens scheint das „oh mei ist das aber süß“ Gurren von Frauen international genormt, wobei es da in Japan bestimmt eine Behörde für gibt.

Oishi
Lecker! Einen guten Koch darf man damit beglückwünschen.

Onagaishimasu
Bitte! Während kudasai eher ein „das hätte ich gern“ ist, bittet man mit „onagaishimasu“ um einen Gefallen.

Onaka
Magen, Bauch. Wenn man pappsatt ist, darf man ‚Onaka ippai‘ rufen. Ausserdem gibt es hier das Sprichwort onaka ippai, yume ippai, ‚Voller Bauch, volle Träume‘.

Sumimasen!
‚Verzeihung‘ oder ‚Entschuldigen Sie bitte‘. Ist überall einsetzbar, ob beim Anrempeln in der U-Bahn, beim Herrufen des Kellners im Restaurant oder wenn man gerade eine Tempelanlage entweiht hat, da man als schmutziger Gaijin auf einen heiligen Flecken Erde gestapft ist.

Sugoi!
Oder noch besser Suuuugooooooooii! Soviel wie GEIL! oder GENIAL! Kann man zu allem sagen, was man toll findet. ACHTUNG: Mit entsprechnendem Tonfall kann dieses Wort auch ’schrecklich‘ heissen….

Yoshinoya
Bekannte Restaurantkette, in der es Schüsseln mit Reis und Fleisch/Fisch gibt. An sich die Hauptnahrungsquelle für einfache Reisende wie mich.

II.Stadtteile in Tokio
Tokio ist RIESIG, und die einzelnen Stadtteile sind fast schon eigenständige Städte. Die Fahrt von einem Stadtteil zum anderen in der Metro kann schon mal 20 Minuten dauern.

Hier mal die Distrikte, zu denen ich bisher was sagen kann:

Ueno/Asakusa:
Eines der ältesten Viertel. Hier gibt es noch sehr traditionelle Märkte mit winzigen Verkaufsbuden und verwinkelten Gassen. Sehr charmant, und neben dem schönen Park in Ueno gibt’s auch einen Streichelzoo.

Chiyoda:
Das Viertel, in dem der Kaiserpalast steht. Da es verboten ist, dass dieses Gelände auf irgendeine Weise angetastet wird, mussten alle U-Bahnen um dieses Viertel herum gelegt werden, was streckenweise wüste Umsteigereien notwendig macht.

Ginza:
Die Nobelgegend zum Shoppen. Hauptader ist die 5th Avenue, die ganz unverblümt nach dem New Yorker Vorbild benannt wurde. Man findet dort einige Läden mit wenigen Handverlesenen Produkten, an denen keine Preisschilder mehr hängen. Wer fragen muss kann sichs eh nicht leisten…

Shibuya:
Shopping und Weggehen. Im Allgemeinen das Vergnügungsviertel für jüngere Semester (18-24), als alter Gaijin ist man dort eher fehl am Platz. Trotzdem ein absolutes Muss, da dort die verrücktesten Outfits getragen werden und der ganze Stadtteil alles bietet, was man sich unter Tokio vorstellt.

Shinjuku:
Ebenfalls sehr laut und bunt, aber das Publikum ist deutlich anders. Es gibt hier tolle Restaurants und Karaoke Bars, aber der Großteil dieses Stadtteils besteht aus Liebeshotels und Girls Clubs. Dort lassen sich ältere Geschäftsmänner von hübschen jungen Mädchen ihre Drinks eingießen, mehr aber auch nicht. Als Gaijin kann man sehr entspannt durch das Viertel gehen, da die sonst sehr aufdringliche Recruiter (Kerle die Leute von der Straße in die Clubs ziehen) einen komplett in Ruhe lassen. Ich empfehle diesen Stadtteil trotzdem eher in Begleitung eines Einheimischen zu durchwandern, der die wenigen, dafür richtig guten Kneipen und Restaurants kennt, in denen man als Ausländer freundlich empfangen wird.

Roppongi:
Mehr oder weniger der Ballermann Tokios. Da in diesem Viertel viele Botschaften untergebracht sind, hat man hier einen hohen Gaijin-Anteil. Wenn man die naiv-fröhlichen Massen in Shibuya und Shinjuku gewöhnt ist, ist der Kulturschock von sturzbetrunkenen Iren, Engländern usw. schon erstmal groß. Es gibt viele Bars und Clubs, die selbst vor Flatrate-Saufparties nicht zurückschrecken. Ich denke man kann eine schöne Zeit in Tokio haben, ohne hier gewesen zu sein.

Roppongi Hills:
Ein Einkaufszentrum, das im Endeffekt ein eigener Stadtteil ist, und so groß, das es eigene Fremdenführer dafür gibt. Obwohl es direkt in Roppongi liegt, ist es ein krasser Gegensatz: Kaum Gaijin, dafür alles extrem stilsicher. Die Innenarchitektur ist wirklich ein Schmaus für jeden, der das zu schätzen weiss.

Soviel zum ersten Überblick, Fragen beantworte ich gerne, und werde die dann hier sammeln.

Rocken im Park

Gleich vorneweg, meine Meinung über japanische Mode muss ich ein wenig revidieren – ich war jetzt einmal zu normalen Zeiten unterwegs, und bis auf die tragischen Versuche der Frauen, mit Stöckelschuhen zu gehen herrscht ein gehobener, neutraler Kleidungsstil vor. Überhaupt, manchmal hat man das Gefühl das die Menschen hier zwischen zwei Extremen schwanken: Auf der einen Seite die strikte Gesellschaft und der Anpassungszwang, auf der anderen Seite der Hang zur absoluten Übertreibung. Obwohl ich erst so kurz da bin, habe ich das jetzt schon mehrmals erlebt. Zuerst wird so über höflich gehandelt, das es einem schon peinlich ist, aber sobald der geringste Vorwand gefunden werden kann, wird ausgesprochen ausgelassen gefeuert. Ein Schluck Bier berechtigt z.B. zu Ausgelassenheit, da man ja betrunken ist und damit entschuldigt.

Vor dem Yoyogi Parks sitzen im 5m Abstand kleine Bands, die alle mit voll aufgedrehten Verstärkern musizieren. Ein akkustisches Chaos bei dem man nichts hört, aber jede Gruppe hat ein paar Fans bei sich stehen.
Eine Feier der anderen Art habe ich Gestern in Shibuja erlebt: Dort waren wir zu einem Hanami (wörtlich übersetzt „Blütenkucken“) eingeladen. Man versammelt sich in einem Park, breitet eine großzügige Plane aus (sieht furchtbar aus, verhindert aber, das Müll auf den Boden kommt) und schaut sich dann bei einem netten Essen die blühenden Kirschbäume an. Der ganze Park war im Endeffekt ein einziges buntes Fest, von den kleinen Fressbuden bis hin zu den Kleinkünstlern, die an jeder Ecke ihre Kunststücke gemacht haben.

Ein ruhiger Sonntag Nachmittag in Tokios größtem und beliebtesten Park
Es ist hier immer wieder erstaunlich wie dicht gepackt alle friedlich zusammenleben. Nur die Schönheit des Parks hat unter den grässlichen blauen Plastikplanen gelitten. Dafür landet der Müll fast nur auf den Müllsammelstellen, auch wenn die sehr übel aussehen. Die meiste Unordnung kommt daher, dass die großen schwarzen Krähen (Garatsu) einzelne Teile vom Müll entführen. Diese Vögel ersetzen die Tauben anderer Städte, wahrscheinlich haben diese schwarzen Monster alle aufgefressen.

Die Bäume sind sehr schön, aber diese Planen…

… sind wohl unumgänglich, sonst sähe es im Park überall so aus.
Beim Picknick angekommen begrüßte uns die Gastgeberin, eine widerwärtig selbstgefällige Holländerin, die uns ständig ihr veganisches Vogelfutter zum Wucherpreis von 1500yen andrehen wollten. Guter Zweck hin oder her, aber das war uns dann doch zu blöd. Die anwesenden Japaner sind alle extra zum Begrüßen aufgestanden, was eine sehr peinliche und umständliche Angelegenheit ist. Da ein Gaijin (Fremdländer) wie ein wildes Tier ist, das keine zivilisierte Verbeugung hinbringt, versuchen sie, einen auf westliche Art zu begrüßen. Da wird dann nach der Hand gegriffen, und dann schütteln sie und schütteln sie und schütteln sie, während sie einen mit einem Redeschwall auf Japanisch eindecken, den auch Einwanderer mit guten Sprachkenntnissen kaum verstehen. Man kann das nur beenden, indem man Ihnen die Hand förmlich entreisst. Ich sage dann inzwischen ‚Sumimasen, chotto wakarimasu. Stefan desu, dozo yoroshiku‘. Heißt soviel wie „Sorry, ich versteh nur wenig/nix. Ich bin Stefan, sei mir bitte gewogen‘. Das freut sie dann, aber man hat das Theater trotzdem immer aufs neue. Man hat förmlich den Wunsch, ihnen den Kopf zu tätscheln, um sie für das Engagement zu loben.

Glücklicherweise wurde das alles vom dumpfen Donnern von Trommeln unterbrochen, das von einer Musik begleitet wurde, die genauso grellbunt war wie die tausend Reklametafeln Tokios. Neugierig wie ich bin, musste ich da sofort hinlaufen – diese durchgeknallte Weltverbesserin stehen zu lassen war nicht die schmerzhafteste meiner Entscheidungen. Das bekam ich zu sehen:


Diese Trommlergruppe ist eine Art privater Verein, der das mehr oder weniger spontan auf die Beine gestellt hat.
Ich konnte nicht genau herausfinden, was der Anlass war, aber eine heitere Menge war komplett um die Gruppe versammelt. Besonders entzückend war, dass sich die Leute erst einmal umgesehen haben, und wenn sie entweder niemand beachtet hat ODER der Nebenmann tanzte, wurde auf einmal das Tanzbein geschwungen. Nach der zweiten Nummer sprangen zwei als Hund verkleidete Männer auf die Fläche, und begannen neben fantastischen akrobatischen Einlagen auch Spässe mit den Gästen zu treiben.

Wer wollte, durfte sich danach mit dem Kopf-Akrobaten des Hundes zusammen fotografieren lassen. Leider wird dieser Service für Gaijins nicht geboten, bis ich mit dem Händeschütteln meines Fotografen fertig war, turnte der Hund wieder wo anders herrum.
Gegen Ende hin wurde die Stimmung immer besser. Diese Trommler legten einen treibenden Rhythmus vor, und als der erste (ein wenig angetrunkene) in die Mitte sprang und die Arme schwang, wurde er nicht etwa herausgeworfen. Nein, statt dessen zogen zwei der Veranstaltung den nächsten in die Mitte, dann noch einen und immer mehr, bis alles nur noch ein einziger Pulk war, in dem gejubelt, gehüpft, gestampft und getrommelt wurde. Sogar ich wurde gepackt und in die Menge gezerrt. Die Erfahrung, in diesem Toben dabei zu sein, kann man nicht wirklich in Worte fassen, deswegen lasse ich das. Dann lieber noch das letzte Bild, das ich machen konnte:

Es gibt auch Videos von dem ganzen, aber die kann ich leider nicht hochladen
An sich gäbe es noch viel zu Berichten:

Shibuya bei Nacht

Tokios Fischmarkt, den ich heute besucht habe, und der jede nur erdenkliche Lebensform aus dem Meer bietet (von hier werden die 16 Millionen Einwohner Tokios mit Fisch versorgt)

Mein Besuch im Shinjuku Park ohne Menschenmassen

Die Shoppingmeile von Ginza

Abgedrehtes Hightechspielzeug aus dem Sony Tower

Der große Tempel in der „Altstadt“ Asakusa (Ueno), in dem ich mir ein Schicksal gezogen und auch noch ein tolles bekommen habe, während Ryan (der Amerikaner mit exzellentem Japanisch, der uns heute rumgeführt hat) ein so Schlechtes gezogen hat, das wir es sofort an einen Baum binden mussten.
Ich berichte also wirklich nur von einem Auszug dessen, was es zu erzählen gibt, und hoffe, wieder etwas Appetit für den nächsten Happen gemacht zu haben. Da Morgen ein langer Tag mit Tokio-Tower, Aussichtsplattformen und Roppongi, der Gaijin Hochburg Tokios anstehen, wird es frühestens am Mittwoch wieder Nachschub geben…