Die Tempel von Kamakura

Das Wetter hatte Erbarmen mit uns, und so konnten Ryan, Andi, Mini, Ray und Ich den Weg nach Kamakura wagen. Obwohl es vor 30-40 Jahren ein total verschlafenes Nest war, wurde der Ort mit japanischer Präzision für den Tourismus erschlossen. Eine knappe Stunde Zugfahrt von Shinjuku aus ließ uns am geschäftigen Bahnhof von Kamakura ankommen.

Es gibt ein ganz einfaches Merkmal für die „großen“ Sights in Japan: Viele auf europäisch getrimmte Restaurants und ein Meer aus kleinen Flaggen, die von den Reiseleitern getragen werden. Da der Zug gut gefüllt war und man die Luft am Ende schneiden konnte, genehmigten wir uns erst einmal ein Erfrischungsgetränk.


Melon Soda mit Vanille-Eis. Schmeckt der chemischen Optik zum trotz nicht künstlich, dafür lecker.

Solchermaßen erfrischt irrten wir erst einmal ein paar Straßen weiter. Orientierung in Japans Städten stellt einen vor drei grundsätzliche Probleme:
1.Straßenbeschriftungen sind reine Glückssache. Selbst in Tokio sind die meisten Straßen unbeschriftet.
2.Selbst wenn die Straßen beschriftet sind, so geschieht dies meistens mit Kanjis für Eigennamen, die den meisten nicht bekannt sind.
3.Öffentliche Karten werden immer auf den Blickpunkt des Betrachters ausgerichtet. Steht man also vor einer Tafel, die nach Westen steht, ist Oben auf der Karte Westen, nicht Norden.

Dank der Unterstützung von Ray und Mini fanden wir dann doch den richtigen Weg, und konnten unsere ausgedehnte Wandertour zum Daibutsu beginnen.


Kamakura wimmelt geradezu von charmanten kleinen Schreinen. In jedem einzelnen könnte man sich stundenlang reinsetzen und die Aussicht genießen.

Es folgte ein geschlungener Bergpfad, der uns durch üppige Vegetation zu unserem ersten Stop führte: Ein in die Berge eingelassener Shinto-Schrein, der nur über einen Höhlengang betreten werden kann.


Eine der kleinen Gebets-Stätten. Man zieht an der Kordel, um durch eine Glocke die Götter aufzuwecken, dann klatscht man in die Hände, verbeugt sich tief und hält ein kurzes Gebet.

Ray war von dem Angebot total begeistert und stürzte sich mit einem Arsenal an 5 yen Münzen auf jeden Schrein, den sie finden konnte. Diese kleinen bronzenen Münzen mit einem Loch in der Mitte gelten als Glücksbringer und werden vor dem Gebet am Schrein in einen Opferkasten geworfen. Der Tempel ist harmonisch in die Felsen eingebettet, und verfügt über einen Höhlenschrein, in dem Japans beliebteste Geldwäsche steht.


Vor diesem Schrein befindet sich ein Becken…


In dem man nach altem Brauch Geld mit Wasser aus den Kellen übergießt. Angeblich bringt das so gewaschene Geld Glück und Reichtum.

Die Pilger warfen neben ihrem Kleingeld auch die Geldscheine in ihre Waschschüsseln. Ich weiß nicht, ob ich ein paar hundert Euro in einem Gebirgsbach tränken würde, aber angeblich ist der Yen gut wasserfest.
Unser weiterer Weg führte uns durch eine idyllische Berglandschaft mit den unterschiedlichsten Blumen. Ich musste nie lange Aussicht halten, da bei jeder schönen Blüte die beiden Japanerinnen losgurrten. Ich glaube dieses Geräusch ist in internationalen Konventionen festgelegt, und klingt in etwa so: „Aaaaaaaawwwwh“ Mein Verdacht ist ein gekoppelter Mechanismus, der bei bestimmten Schlüsselreizen der Kathegorie ‚Niedlich‘ wie Babies oder Blumen dieses Gurren auslöst. Dicht darauf folgend wurde ein ‚Sugoi! Mite! Kawai!‘ abgefeuert, was dann auch das Kommando zum Kamera-Schuss war.


Awwwwwh… Sugoi!!! Mite!

Eine kleine Sammlung der Bilder findet ihr unter (Adresse hier). Am Fuße des Berges angelangt wurde man von mehreren Schildern geschickt durch fünffach gewendete Einkaufsstraßen geschleust, um endlich bei DER Attraktion Kamakuras anzukommen, dem Daibutsu (Dai = Gross, Butsu=Buddha). Diese beeindruckende Statue ist 11,40m hoch und wiegt 91 Tonnen. Wir haben uns sogar das klaustrophobische Vergnügen gegönnt, in die Statue hinein zu klettern.


Von links nach rechts: Ich, Mini, Ryan, Ray, Andi

Für unser Gruppenfoto halfen ein paar junge japanische Touristinnen aus, die im Ausgleich ein Foto mit Ryan haben wollten. Überhaupt war er als größter und breitester Gaijin eine Attraktion für die Japaner und wurde ständig fotografiert.


Auch ein Buddha muss mal laufen: Daibutsu’s Sandalen

Nach einem erfrischenden Mahl in einem Tempura Shop (gebratener Reis mit Beilagen) ging es weiter mit dem Bus zum Hokokuji-Tempel, der für seinen Bambushain berühmt ist.


Ein Blick nach Oben in das Blätterdach des Hikokuji-Tempels.

Auch der Meditationsgarten war mir ein Foto wert:


Einer der vielen Flecken, an denen man es durchaus länger aushalten könnte.

Nach weiteren 40 Minuten Fußmarsch (Mini und Ray wieselten auch nach 7 Stunden Fußmarsch wie Ameisen auf Exstacy hin und her) gelangten wir zu unserem letzten Stop, dem Hokaji Tempel. Diese gewaltige Tempelanlage war zwar durchaus eindrucksvoll, aber irgendwie gefallen mir die ruhigeren, kleinen Anlagen besser.


Japaner verpassen den Helden in ihren Animes gern ‚Spikey Hair‘. Das gleiche haben sie sich wohl bei diesem Baum gedacht.


Zeremonieller Bereich in den äußeren Bezirken des Tempels. Der eigentliche Schrein darf nicht direkt fotografiert werden.

Am Ende des Tages traf mich im Zug meine über Tage verschleppte Erkältung mit voller Wucht, weshalb der Sonntag und ein Großteil des heutigen Tages im Bett verbracht wurden. Jetzt fühlen wir uns aber alle für unseren nächsten Stop gewidmet: Fuji-San, der Japaner liebster Berg.

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