Capri’s Sonne ohne Capri und Sonne (dafuer Amalfi Amokfahrt)

Nach dem guten Start in den ersten Tagen hat das Wetter beschlossen, sich mit dem Muenchner Mistwetter zu solidarisieren. Jeden Tag linsen wir vorsichtig in den Wetterbericht, aber das Programm bleibt bisher das gleiche: Kleine Inseln des Sonnenscheins, dann wieder viele dicke Regenwolken und ein paar Schauer zum abkuehlen. Was ganz toll waere wenn es eine Hitze gaebe, von der man sich abkuehlen kann.
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Der Lieblingsplatz meiner Frau bei schlechtem Wetter – gemuetlich in das runde Fenster gekuschelt etwas lesen

Insofern haben wir die Ausfluege bisher in der Hoffnung auf Besserung verschoben, um die schoenen Ziele bei entsprechendem Wetter zu geniessen. Dennoch wollten wir am Freitag dann doch einmal los, um Capri einen Besuch abzustatten.
Sorrento ist ein Labyrinth aus Einbahnstrassen, und auf dem Weg zum Hafen waren wir kurzfristig so nahe am Vesuv, dass wir schon dort hin fahren wollten. Allerdings fuehrte die naechste Einbahnstrasse wieder ein paar Kilometer weit nach Sorrento und so konnten wir uns durch die Fussgaenger Richtung Hafen wuseln.
Dort wurden wir auch gleich von dem geschaeftstuechtigen Parkdienst abgepasst. Fuer den Schnaeppchenpreis von 15€ tauscht man sein Auto (samt Schluessel) gegen einen kleinen Papierzettel und darf es dann nach dem „unvergesslichen“ Besuch auf Capri wieder abholen – wenns dann noch da ist.
Mit einem flauen Gefuehl im Bauch uebten wir uns im englischen Volkssport „Queueing“, und wurden dafuer am Schalter griesgraemig und stirnrunzelnd empfangen. Wie kann man als Touri nach Capri wollen und erst um 9 Uhr Morgens Karten kaufen? Am selben Tag! Aber fuer die netten Tedesce gibts natuerlich noch eine Spezialkarte zum Freundschaftspreis, die Onkel Luigi aus dem schwarzen Mercedes gefallen ist. Normalerweise vermeide ich im Ausland Kontakt mit Landsleuten, aber jetzt kam ein nettes Paar aus Muenchen zu unserer Hilfe: Die Karten sind nur fuer die Anfahrt gueltig, da die Faehren rettungslos ueberbucht sind. Haetten wir diese Warnung nicht bekommen waere das Capri Programm in eine kuschelige Regenuebernachtung auf Capris romantischen Wegen eskaliert.
So liessen wir es dann sein, holten uns Auto gegen den „Precio speciale“ von 5 Euro wieder ab und beschlossen kurzerhand, uns die Amalfikueste anzuschauen. Landschaftlich eine Top-Wahl, Fahrerisch… da kommen wir gleich dazu.

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Die gesamte Amalfikueste ist eine malerische Steinkueste mit unendlichen Serpentinenstrassen

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Die Siedlungen werden gut gelaunt in die Kueste gewuerfelt – wo eben gerade Platz ist

Wenn man neben Haeusern auch noch Strassen will, muss man dann schon Kompromisse eingehen. Die 1 1/2 Spuren sorgen fuer viel zwischenmotorische Naehe. Es ist ein Erlebnis, sich die winzigen Serpentinenstrassen entlangzutasten und in lebenserhaltendem Optimismus vor jeder Kurve zu hupen. Das erstaunliche ist: Es funktioniert! Auch wenn zeitweise in Kurven kein Blatt mehr zwischen unser Auto und den Gegenverkehr gepasst hat wurde kein unschuldiger Lack fuer diese Fahrt verletzt. Fuers Gewicht ist das auch eine prima Sache, da ich bestimmt mein eigenes Koerpergewicht an Schweiss im Fahrzeug gelassen habe.

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Hier steht man eben auf der Gegenfahrbahn da rechts zugeparkt ist. Ein Garant fuer stundenlangen Wartespass und der eigentlich nicht mehr noetige Beweis weshalb die Italiener am liebsten mit dem Roller fahren

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Volkssport in Amalfi: Stau-Watching

Amalfi selbst sieht fantastisch aus. Wie im besten Maerchenfilm ist die Stadt festungsgleich in den Berg eingelassen. Wir haetten uns auch gerne einmal hingestellt und das ganze gern zu Fuss erkundet, aber stroemender Regen und die Tatsache, dass an Parken nicht zu denken war, machten die Besichtigung eher zu einem Roadmovie. Dafuer war jede Menge geboten, wenn zwei Busse aneinander vorbeikommen mussten. Meiner persoenlichen Meinung nach hat man hier notgedrungen einen Weg gefunden, alle physikalischen Gesetze ausser Kraft zu setzen. Die Busse stehen sich hupend gegenueber, man faehrt zentimeterweise vor und zurueck und auf einmal sind die Busse aneinander vorbei, alle grinsen und es geht weiter.

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Abraka Oha! Noch sind sich die am Ende der Strasse nicht ganz einig wie das Puzzle geloest wird. Die vor- und nachgelagerten Autoschlangen tanzen dann herum bis man einen Weg gefunden hat.

Ich bin mir auf jeden Fall sicher, wenn ich wieder in Muenchen bin, wird das Fahren stinklangweilig. Spuren! Verkehrsregeln! Nur, wer die Serpentinen der Amalfikueste gemeistert hat, darf sich als Hoellenhund der Autofahrerelite fuehlen.

Auf Goethes Spuren

Gestern hatten wir Sorrent am Abend noch besucht, um uns dort ein schoenes Essen zu goennen. An den Verkehr hat man sich schnell gewoehnt (die Frau mit Limoncello Keksen abzulenken erspart irritierende Angstschreie), nur das Parken ist so ein Kreuz. Letztendlich bugsierte ich den Fiat in einem scharfen Manoever an einem froehlich hupenden Dreibeiner vorbei in eine winzige Parkluecke und fuetterte den ausgesprochen spendenfreudigen Parkautomaten.

Mit lediglich 2 Stunden Zeit im Gepaeck landeten wir dann bei einem aus meiner Sicht solide standardisierten Touristengrab. Auch hier ist die Wahrnehmung so ein Ding: Meine Frau bewunderte die Professionalitaet des schneidigen Kellners, waehrend mir im Gedaechtnis bleibt, wie er eine Gruppe horizontalbeguenstigter Touristinnen erst umgarnte und dann mit zwei Flaschen Wein beglueckte, der laut Karte im Alleingang die Schuldenkrise eines kleineren EU-Staates loesen koennte. Ich selbst bekomme bei 60 Euro / Flasche fuer einen Mittelklasse Wein akuten Geldbeutel-Verschluss, also musste der offene Hauswein und etwas Wasser reichen.

Italienisch Essen richtig gemacht
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Wer in Italien richtig (und gut!) essen will, sollte auch einmal einen Blick ueber die Pizza hinaus werfen. Das Essen unterteilt sich grob in 4 Etappen:

Zum Aufwaermen: Antipasti
Bevor man mit dem eigentlichen Essen beginnt, goennt man sich gemeinsam einen Teller Antipasti. Das muss nicht zwingend in Oel ertraenktes Gemuese sein, auch Bruschetta, Vitello tonnato oder – noch auf meiner Liste – Carne Cruda sind hier erlaubt bis sinnvoll. Das haengt sehr von den folgenden Gaengen ab!

Kohlenhydrate zum Anfassen: Primo Piatto
Der Italiener versteht unter Primi Piatti entweder eine Suppe oder aber noch viel lieber ein Pasta oder Risotto Gericht. Ob man da nun ein einfaches Aglio y Olio oder gleich ein Cozze (Muscheln) Massaker starten will, ist jedem frei ueberlassen.

Das Eiweiss fuer den Mann: Secondo Piatto
Nach der Pasta laesst man sich nun ein Fisch bzw. Fleischgericht schmecken. Hier wird aber normalerweise das Gericht ohne Beilagen serviert, die werden (bei Bedarf) dazubestellt. Deswegen hat sich der kluge Esser den Magen im Primo Piatto schon ordentlich vorgrundiert und kann sich nun ganz auf den Geschmack des koestlichen gegrillten Fischs oder einer der tollen Fleischspezialitaeten konzentrieren.

Kein Dolce Vita ohne Dolce: Nachtisch
Nachdem ich ihn Japan so viel ueber den Kaffee gemeckert habe, kann ich in Italien nur davon schwaermen. Ein Essen ohne einen guten Espresso danach ist nur die halbe Miete. Zum Espresso laesst man sich dann noch ein kleines Dolce schmecken. Das ist zwar nicht zwingend fuer ein original italienisches Essen aber – ach was sag ich, NATUERLICH muss ein Dolce sein!

Heute wollten wir uns den Weg nach Sorrent sparen und pilgerten den steilen Weg zur Strasse hinauf, um uns das einzige in der Naehe befindliche Restaurant anzusehen. Wir hatten es Anfangs noch gemieden, da der Aussenbereich abenteuerlich anmutete und der Name Kalimera (griechisch fuer Guten Morgen) nicht zwingend authentisch Italienische Kueche erwarten liess. Aber so kann man sich irren: Der Laden wird von einer italienischen Familie gefuehrt, und wir hatten dort ein wesentlich netteres Essen als gestern.

Primo Piatto

Da strahlt die Frau: Primo Piatto

Meine alte Faustregel „Traue niemals einem duennen Koch“ wurde hier im vollsten Umfang bestaetigt, denn das Essen war genauso lecker wie die Familie rund war. Besonders der leckere Schokokuchen, den die Mama hoechstpersoenlich backt, war ein echtes Highlight.

Da sassen wir wir also in der Sonne, liessen es uns schmecken und dabei kam auch das Tagesmotto auf. Der Deutschen groesster Dichter, Goethe, war ein leidenschaftlicher Italien Fan. Bei dem Essen und der Landschaft kann man ihm das aber auch nicht verdenken!

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Die private Bucht des Hotels

Zitronenbaum

Frisch aus dem Zitronenhain schmecken die Zitronen fein

Kurzum: Wenn man an einem solchen Ort verweilen kann, ist ein Faust schon fast von selbst geschrieben. Ideen hatte ich jede Menge!

Sneak Preview: Faust 3 – Die Welt ist nicht genug
Dr. Faust hat die Schnauze voll. Nach dem geplatzten Deal mit dem Basispessimisten Mephi und einem metaphyischen LSD Trip in Teil 2 steht der alte Tor da und hat immer noch von nichts eine Ahnung. Warum an der Welt verzweifeln wenn man mit einem „YES we can“ alles kann? Also reist er nach Obamien um dort von den alles bejahenden Geistern der freien Marktwirtschaft die einzig wahre Sinnfrage klaeren zu lassen: Seelenheil durch Schotter! Faust gruendet eine von Halliburton finanzierte Fraccing Company und waescht den Satyren das ganze Elysium unter dem Hintern weg.
Unterdessen gruendet Gretchen einen Strip-Club namens „Gretchens Frage“ wo statt nach der Religion nur noch nach einem gefragt wird: Bar oder Kreditkarte. Faust trifft dort auf Gretchen, als er dem Investchef der Teutonischen Bank ein Happy End ohne Erkenntnisvorbedingung erlaeutern will. Sie konfrontiert Faust mit der neuen Rechtslage, dass nun auch Post-Mortem Unterhalt fuer unter vorsaetzlicher Luege gezeugte Kinder faellig ist. Das ist zwar blanker Unsinn, aber Faust als weltfremder Trottel glaubt ihr und ueberschreibt Gretchen sein gesamtes unrechtmaessig erworbenes Vermoegen.
Faust, der nun Erkenntnis- UND Mittellos ist stellt fest, dass das Studium der Harz IV Vorschriften mehr Zeit in Anspruch nimmt als seine gesamten vorhergehenden Studien. Er ist nun bereit, sich dem seelenlosesten aller Daemonen zu stellen: dem deutschen Amtsschimmel….

Vesuv Vs. Auenland

Um das Ueberstunden- und Resturlaubsbefuetterte Niemandsland zwischen zwei Jobs zu ueberbruecken haben meine Frau, die Heimleitung und das Oberheereskommando beschlossen noch ein paar schoene Tage in Italien zu verbringen. Nach bester demokratischer Tradition wurde Einstimmig beschlossen: Die Frau hat die Stimme und sie beschliesst.

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Doppelt symbolisch: Ein Leben im Umbruch und so siehts aus wenn man sich mit der Frau anlegt

Zugegebenermassen war ihr Vorschlag schon besser. Mich hatte der Prospekt mit „10 Tage Neuseeland im Wohnmobil“ gefesselt und ich sah mich schon am Steuer einer fahrbaren Burg auf den Spuren der Peter Jackson Produktionen wandeln. Aber 36 Stunden Flug hin und zurueck fuer ein „Schau Schatz, hier haben sie das Auenland abgedreht“ sind auch bei positivster Betrachtung kein angemessenes Programm fuer den ersten Hochzeitstag.

Damit auch ich auf meinen Abenteuer-Anteil komme, wurde dafuer von meiner Liebsten der Koffer gepackt, als ob wir die Demokratie nach Mordor bringen oder zumindest den Suedpol entdecken wuerden.

Wissens-Intermezzo: Der Antarktisvertrag
Selbst ueber die abgelegensten, kaeltesten Flecken der Welt laesst sich vorzueglich streiten. Damit man sich diesen Aerger beim Suedpol spart, wurde 1959 der Antarktisvertrag aufgesetzt (in Kraft getreten 1961) und damit festgelegt, dass das gesamte Nicht-Bewohnte Antarktisgebiet zwischen dem 60. und 90. Breitengrad (das ist immerhin das untere drittel der suedlichen Kugel) einfach gar niemandem gehoert bzw. keine neuen Besitzansprueche mehr gestellt werden duerfen.
Da das ganze mit dem Passus „wissenschaftliche Nutzung“ garniert wurde kann ich mir das schon vorstellen wie es einmal aussieht, wenn man dort Oel findet: Wie beim japanischen Wahlfang wird eine riesige Foerderanlage hingestellt, vor der dann ein Mann im Schutzanzug steht, der das Schild „Nur zu Forschungszwecken“ hochhaelt.

Nach einem kurzen Flug drehte unser Flieger dann ein paar Runden ueber Neapel. Bestimmt hatte die Fluggesellschaft ihr Schutzgeld vergessen oder der Camorra war ein Mann mit Betonschuhen aus dem Helikopter gefallen und das hatte ein Loch in die Landebahn geschlagen. Dem Piloten bot sich dadurch die Gelegenheit den Flieger in den Warteschleifen in jedes verfuegbare Luftloch fallen zu lassen. Nach einer halben Stunde kam die Maschine dann doch noch am Boden an, begleitet vom tosenden Applaus der sichtlich erleichterten Fluggaeste. Wobei ich nur in die Haende geklatscht haette wenn sich der Schaedel dieses Luft-Attilas, der sich Pilot schimpft, dazwischen befunden haette.

Angekommen gings im Shuttle-Bus zum Auto-Verleih, wo wir einen Italientauglichen Fiat Cinquecento nach ein paar Sicherheitshinweisen erhielten.

Auto
Auto Parken alla Napoli
– Nichts im Wagen liegenlassen
– Handschuhfach leeren und offen lassen
– Nicht in Neapel parken
– Nicht auf dem Vesuv parken (ausgeraeumt UND verbrannt)

Gerne wuerde ich jetzt die abenteuerlichsten Geschichten erzaehlen, wie wir mit dem kleinen Schnaufer durch die engen Gassen Neapels fuhren aber der Flughafen liegt ausserhalb und so ging es einfach nur die Kuestenstrasse entlang. Der Leser ist aber herzlich eingeladen sich hier die Dinge etwas auszumalen: Das Beben der Erde als der Vesuv ausgerechnet unseren Besuch als Anlass zum Ausbruch nimmt, wie wir mit quietschenden Reifen den Spalten ausweichen, die sich in der Strasse auftun – ja, dort hinten segelt eine Vespa in einem spektakulaeren Salto ueber den lavasprudelnden Riss – nebenbei noch eine gestrandete Kleinfamilie aufs Dach schnallen und schliesslich auf einer Lavawoge an Capri vorbeisegeln: Genau so war es nicht.

Dafuer ist der Golf von Neapel ein paradisisch schoener Flecken Erde und unser Hotel – elegant als „Agritourismo“ getarnt war auch bald in Sicht.

Hotel

Zitronenbaeume, Meer, Haus – Agritourismo Italiano

Wir sind uebrigens sehr froh, dass wir hier etwas abgelegen sind, da man Sorrento schon als „Touristisch erschlossen“ bezeichnen kann. Ungezaehlte Briten, Deutsche and andere hellhaeutige Badeschlappentraeger laden zu spontanen Schlenkern auf der Strasse ein, bevor sie sich in einem der vielen Restaurants eine Pizza bringen lassen. Wir hingegen haben uns in einem winzigen Laden mit ein paar Antipasti und etwas Wein eingedeckt und den Tag gemuetlich im Garten ausklingen lassen.

Vino

Eigentlich wollte ich gar nix schreiben aber solche Aussichten inspirieren mich einfach