Manfred Wiedenmann

ManfredWiedenmann

06.08.1951-24.04.2015

Bei all den Worten, die einem die Sprache bietet, finden sich doch so wenige Sätze, die man sagen kann, wenn man einen geliebten Menschen verliert. Mein Vater ist ein geliebter Mensch. Geliebt von seiner Frau, meinem Bruder und von mir, von seinen Freunden. Wann immer es ein Problem gab, war er zu Stelle und half nach all seinen Kräften und gerne auch darüber hinaus. Man sagt da normalweise gerne „selbstlos“ dazu, aber das passt nicht bei einem Mann, der so viel selbst hatte.

Sein Interesse und Mitgefühl an der Welt war ebenso stark wie seine Überzeugungen, und er trat immer leidenschaftlich dafür ein. Unsere Umwelt, soziale Gerechtigkeit, all dass was die Gemeinschaft gerne im Trubel des Alltags vergisst, war ihm immer wichtig. Das ist wohl auch der Grund, warum ich mich so gerne mit ihm unterhalten habe. Man musste nicht einer Meinung sein, aber er gab sich immer Mühe, alle Standpunkte zu sehen und beleuchten.

 

Geburtstag

Er war einfach er selbst, ein Mann seine Familie liebte, seine Freunde, seinen Garten und vor allem auch die Natur. Ein Mann der sich mit ewiger Neugier mit allen erdenklichen Themen beschäftigte, und ein Bild werde ich immer im Kopf haben: Wie er Samstag Abends sein Bastelbrett aufbaute und begeistert an seinen Platinen lötete. Oder wie er sein Baukasten Waschmittelsystem optimierte, hier ein Enzym, da ein Wirkstoff. Oder seine Werkstatt im Keller, voller Schrauben, Holz, Profilen, damit wieder die nächste Konstruktion gebastelt werden konnte. Rüdiger, sein altes Wohmobil, dem er immer wieder ein kleines Extra verpasste. Es gab immer ein Projekt, und auch wenn das für die Beteiligten nicht immer zwingend nur einfach war, so war es bestimmt nie langweilig.

So lange man kein FDP Politiker oder Großindustrieller ist, war man bei meinem Papa immer herzlich willkommen. Er schätzte seine Mitmenschen aufgrund ihres Handelns, nicht ob sie arm, reich, erfolgreich oder chaotisch waren. Durch seine vielen Interessen konnte er im einen Moment mit einem Literaten über Bücher reden, im nächsten mit einem Wissenschaftler über Kernbeschleuniger und dann mit einem Naturfreund über die Berge. Diese Offenheit, diese Leidenschaft für eine bessere Welt, das sind Dinge, die er mir geschenkt hat. Ohne ihn wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin. Dafür danke ich ihm von Herzen.

Papa_Felix

Gerade weil er seine Familie und seine Freunde so liebte, bin ich sehr traurig, dass ihm so wenig Zeit mit meinem Sohn vergönnt war. Ich hatte mich so sehr darauf gefreut, dass er ihm wie mir das Handwerken beibringt, ihn zum Buddeln in seinem Garten verdonnert, auf einen spannenden Geocache mitnimmt oder ihm jedes einzelne Stück im Deutschen Museum erklärt. Es gab so vieles, dass mein Papa noch vorhatte, denn seine Freude am Leben und sein Hunger auf Erkundungen war ungebrochen. So viele Projekte hatte er noch vor, und vor allem freute er sich darauf, Zeit mit uns allen zu verbringen. Mit seiner geliebten Frau Touren zu unternehmen, mit meinem Bruder den Garten zu optimieren und das Haus zu renovieren und mit seinen Freunden Kegeln zu gehen und beim Stammtisch am Mittwoch wieder die Welt zu diskutieren.

PapaWeihnachten

Ein Lieblingszitat von ihm ist für mich: „Gehalt ist Schmerzensgeld für Freizeitentzug“. Jeder Erfolgskarrierist unserer neuen Welt kann wohl nicht verstehen, dass er lieber bescheiden und sparsam lebte, als nach dem großen Geld zu streben. Dafür fand er als Taxifahrer Freunde fürs Leben, und ich bin mir sicher, dass es viele Fahrgäste gegeben hat, die eine unerwartet interessante Unterhaltung bei der Fahrt erleben durften an die sie sich heute noch erinnern. Nach vielen langen Jahren im Auto schaffte er dann doch noch den Absprung als Programmierer, und wir hatten die Gelegenheit, jede Woche beim Mittagessen nahe der Firma die Welt in unseren Gesprächen zu erkunden.

Überhaupt liebte er und schätzte er immer das, was er hatte, statt sich damit zu grämen, was andere haben oder er haben könnte. Und er liebte seine Frau Gabi von ganzem Herzen, genauso wie er seine Jungs, mich und meinen Bruder, immer in allem begleitete und unterstützte. Vor allem für Daniel, meinen Bruder war er nicht nur Vater, sondern auch bester Freund.

Wandern beim Geocachen

Mein Papa war ein Baum von einem Kerl, und das nicht nur wegen seiner Statur. Er war ruhig, geeredet, und seine Wurzeln kreuzten die Leben von vielen Menschen. Ich werde nie aufzählen können, wen er alles berührt hat, aber wir alle werden ihn in unserem Herzen tragen. An dieser Stelle möchte ich schließen, denn eine Geschichte, eine Sicht wird nie den vielseitigen Menschen erfassen, der mein Vater war. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn ihr einen Moment beitragt, an dem mein Vater euer Leben berührt hat.

Bei all der Vergangenheitsform werde ich nie sagen, dass ich meinen Vater liebte. Denn das tue ich auch jetzt, und werde es immer tun. Denn so schmerzlich das Vermissen ist, so ist es doch ein Trost, dass es so vieles gibt, dass man vermissen kann. Denn das Loch, das er hinterlässt, ist groß.

Leb wohl Papa, ich denk an Dich.