Tag 5+6 Nikko: Zurueck in die Vergangenheit

Da eine Rundreise keine Rundreise ist, wenn man immer am selben Ort bleibt, war am 5. Tag unsere erste Zugfahrt angesagt. Mit dem Zug in Japan zu Reisen ist ein Vergnügen, wenn überhaupt, dann ist der einzige Nachteil am Shinkansen, dass man so schnell am Ziel ist. Gerade, wenn man sehr viel zu Fuß erkundet, ist es eine Wohltat, ein paar Stunden nichts anderes zu tun (und tun zu können), als komfortabel in einem Sessel zu sitzen und Landschaft „to-sit“ zu genießen. Bei diesem Thema fällt mir auch ein, dass die To-Go Modewelle unserer Heimat in Japan nicht wirklich Fuß fasst. Wenn der Mund arbeitet, steht der Körper des Japaners. Es kann aber auch daran liegen, das es so gut wie keine öffentlichen Mülleimer gibt, und man die Becher für den restlichen Tag in der Hosentasche vor sich hinsuppen lassen müsste. Unser Rucksack zumindest hat inzwischen ein Muellfach, da wir besten Falls einmal am Tag einen Ort finden, wo wir die unzähligen Plastikverpackungen entsorgen können. Was uns aber aufgefallen ist, wenn die Menschen beim Gehen nicht Kaffee schlürfen oder sich etwas in den Mund stopfen, wirkt das viel gemütlicher. Und die Strassen sind sauber wie geleckt.

Statt Coffee to Go Sumo zum Anfassen.

Inklusive Umsteigen kommt man in etwa zwei Stunden von Tokio nach Nikko. Ich habe mich schon sehr auf diese Etappe gefreut, da Nikko  eine der schönsten Stationen auf meiner letzten Japanreise war. Es ist ein malerisches kleines Städtchen in den Bergen, und nach dem Vorabend im reizintensiven Tokio wirkt es hier erst einmal wie ausgestorben. Im Gegensatz zu meiner ersten Reise habe ich meine Ehefrau als Begleitung, weshalb die Option „Anreisen, Tourist Office, Auf Hotel hoffen“ nur eingeschränkt reizvoll war. Alleine kann ich auch bei Misserfolg mal in einem Waschsalon, einem Park oder einem Zug übernachten, aber so tolerant Imogen ist, möchte ich dennoch die frische Ehe  nicht gleich einem Stresstest unterziehen.


Das verschlafene Nikko am Abend.

Bei Nikko war das aber ganz einfach. Von meinem letzten Besuch kannte ich noch Kens „Nikko Park Lodge“, eine charmante Mischung aus Jugendherberge und  kleiner  Pension. Da wir bereits in Tokio gemerkt hatten, dass häufiger Ortswechsel nicht so viel Spass macht, haben wir drei Nächte gebucht. Leider war meine Erinnerung mit dem Namen der Unterkunft erschöpft, und so hatte ich mein erstes Wegfindungsabenteuer, da in Japan in der Tourist Information die Kenntnis von Fremdsprachen nicht als notwendige Fähigkeit für den Beruf betrachtet wird. So begann der Halb-Pantomimische Marathon mit japanischer Hilfsbereitschaft. Der alte Mann im Informationsbüro wusste, wo ich hin will, aber  er verstand partout nicht, dass ich einfach nur wollte, dass er mir mit dem Finger die ungefähre Lage auf einer Karte zeigt. Ich möchte lieber nicht wissen, was er dachte, was ich will, da er sehr verwirrt wirkte. Am Ende packte er seinen Krückstock und ging mit mir fast einen Kilometer, bis er mit dem Finger in Luftlinie auf mein Ziel zeigen konnte. Wirklich viel weiter war ich zwar nicht, aber er sah mich mit einem so hoffnungsvollen 80 Jahre alter Dackel Blick an, dass ich ihn mit einem mehrfachen „Wakarimashita“ (in etwa „ich hab’s verstanden“) ziehen ließ.

Damit der alte Mann sich nicht in seinen Kugelschreiber stürzt, schlich ich mich dann über die Seitenstrassen zurück und holte Imogen heimlich vom Office ab, da der alte Mann mit mir ohne sie gegangen war. Hätte er mich wieder gesehen, wäre das ganze von vorne losgegangen. Wir haben den Weg zur Parklodge dann auch fast ohne Zwischenfälle gefunden, der 3 km Umweg zum Sportfischerteich ist in meinen Augen vertretbarer Schwund. Angekommen ging es aber umgehend in das schlichte aber gemütliche Zimmer, wo meine Frau sofort das Bett in Beschlag nahm.

Das magische Geheimnis von Kens Parklodge: Elektrische Heizunterlagen im Bett. Für Frauen mit kalten Füssen ein Paradies, aus dem man sie nur noch mit der Bechstange bekommt

Als ich Imogen dann für das Abendessen aus ihrem Kuschelparadies der Wärme gelockt hatte, begegneten wir im gemütlichen Gemeinschaftsraum Rob, ein lustiger deutsch sprechender Amerikaner, der drei Mal im Jahr zu Besuch kommt, um Ken, den Herbergsvater, zu treffen. Zur Feier der frischvermählten  durfte Imogen sich auch gleich noch einmal von den japanischen Naschereien bedienen, die Rob besorgt hatte. Den  Abend  ließen Imogen und ich dann bei einem leckeren Essen in Nikko ausklingen.

Auf der Jagd nach der ersten durchgeschlafenen Nacht griff Imogen sogar zu einem Bier. Mmmmmmh Kirin, da war ich kurz verwirrt ob ich sie massieren oder essen soll.

 


Zum Thema Bier: Die kleine Brauerei in Nikko ist dem Erdbeben von Fukushima wirtschaftlich zum Opfer gefallen. Die Betroffenheit ist greifbar.

 

Heute morgen lockte uns dann strahlende Sonne aus dem geheizten Bett, und nach einem kleinen Frühstück ging es los. Leider kann selbst Ken kein ordentliches Frühstück anbieten, Japaner haben bei aller Liebe zum Grünen Tee überhaupt kein Verständnis für Kaffee. Bis heute war selbst der beste Kaffee hier ein abscheuliches Spülwasser, dass ich hierzuland nicht einmal meinem Feind servieren wurde. Auch beim Toast gab es nur halbherzige Marmelade dazu. Da dachte ich etwas wehmütig an Tokio, wo wir in Ueno leckeres Obst am Stiel zum Frühstück hatten.

Um einen Neustart meiner Geschmacksknospen nach diesem Trauma durchzuführen, spielte ich wieder einmal japanisches Getränkeautomaten-Roulette. Meine Wahl fiel auf eine Power Rangers Metallic Dose, deren Inhalt den Kaffee sofort vergessen gemacht hat. So ein grässliches Getränk habe ich in meinem Leben nicht gekostet, und ich habe beim Austrinken abwechselnd gelacht und geweint. Stellt euch vor, jemand nimmt den billigsten Automatenkaummi und löst diesen in  mit Süßstoff  angereichertem Wasser mit 92% Kohlensäure Gehalt auf. Jetzt potenziert diesen Geschmack ungefähr mit dem Faktor Hundert, dann habt ihr in etwa eine Vorstellung, wie das geschmeckt hat. Red Bull ist ein erlesener Rotwein dagegen.

Die Optik der Dose hätte Warnung genug sein sollen. 

 

Nach diesem Aufwecker ging es dann zum Toshugu Schrein, dem touristischen Juwel Nikkos. Hier konnte meine Frau einmal japanischen Tempel Deluxe genießen, während ich die Muße hatte, mir entspannt Details anzuschauen, japanische Touristen zu Unterhalten und meine zarte Haut von der Sonne anrösten zu lassen. Imogen erkannte an, dass ihre Haut etwas dunkler ist als meine, aber selbst ein Albino hat einen dunkleren Teint als Ich. Um das kulturelle Programm etwas aufzuheitern (auch wenn wir ein paar schöne Fotos für die gemacht haben, die noch nie etwas vom Toshugu Schrein gesehen haben), stellten wir zwei beliebte Motive nach:

Die berühmten drei Affen (Höre nicht Böses, Sage nichts Böses und Sieh nichts Böses)

Das schlafende Kätzchen (Neko)

 

Als wir gerade im schönsten Besichtigen waren, demonstrierte Nikko, dass es eben in den Bergen liegt: Innerhalb von 15 Minuten zogen schwere graue Regenwolken auf, welche sich in einem hochmotivierten Wolkenbruch entluden. Auch Imogen ist es aufgefallen, dass jeder Mensch in Japan seinen Beruf mit grosser Begeisterung ausübt. Ob das ein Raketenwissenschaftler oder der Getränke-Nachfüller ist, jeder Handgriff wird mit Worten erklärt und so hingebungsvoll durchgeführt, als ob es die letzte Handlung auf Gottes Erden und das unauslöschliche Vermächtnis wäre. Also ich persönlich hätte den Wolken auch ein halbherziges Tröpfeln erlaubt, ach was sage ich, gegönnt!


Noch war gut lachen vor dem Wolkenbruch 

Diese Achtsamkeit im Handeln legten die japanische Touristen auch im Umgang mit Kindern und Älteren an den Tag. Selbst der modischste junge Mann, der vor lauter Brust heraus Strecken kaum seine 1.62m fortbewegen kann, führt seine uralte Oma so liebevoll die Treppen hoch, dass ihn hierzulande jede Schwiegermutter sofort ins Poesiealbum kleben würde. Bei Kindern ist es ähnlich: Sonst sehr reservierte ehrenwerte Geschäftsmänner tragen stolz den Tragegurt und lassen ihren winzigen zuckersüßen Nachwuchs auf den Armani Anzug sabbern. Meine Frau hat mir mit einem kleinen Zaunpfahl gewinkt, wie unglaublich sympatisch eine solche Tragebereitschaft doch bei einem Mann wirkt. Mir hingegen fielen vor allem pragmatisch sinnvolle Dinge auf: So hatte hier jede Japanerin mit Kindern im Stillalter eine Art Schürze dabei, die mit einem Handgriff über die Brust geworfen werden konnte und so das Festmahl unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Ich habe das in dem Umfang zu Hause noch nicht erlebt, und votiere dafür, dass dieser Trend auch in Deutschland Alltag wird.



Gar nicht meine Gruppe,aber die hatten so hübsch posiert

 

Bevor wir zurück zum Hotel gingen, um die Füße für die Wanderung an den Wasserfällen Morgen auszuruhen, gönnten wir uns noch einen Rundgang in einem wunderschönen japanischen Garten. Ich kann mich daran nicht satt sehen, und wenn ich jemals das Geld haben sollte, werde ich mir einen Gärtner aus Japan einfliegen lassen. Am besten einen von diesen kleinen Greisen, die hier mit der Geduld eines Elefanten und der Energie eines Durazell-Hasen jede noch so kleinste Pflanze perfekt trimmen. Auch Imogen hat es sehr gut gefallen, und wir haben zusammen statt Tauben die Koi-Karpfen im Teich gefüttert. Damit noch etwas zu erzählen bleibt, wenn wir wieder zurück kommen, schließe ich für heute mit der besinnlichen Schönheit eines Japanischen Gartens.

 


Imogen beim Koi-Kucken. Was mir die Tiere viel sympatischer als Tauben macht ist, dass sie einem nicht auf den Kopf kacken nach dem Füttern.

 


Ein perfekter Ort zum Entspannen

Tokio Tag 4 – Last Orders

Das heutige Tagesziel hieß Odaiba. Wir haben es uns als Schmankerl für den letzten Tag in Tokio aufgehoben, da ich diesen Teil der Stadt noch nie gesehen habe. Odaiba liegt im südlichen Teil Tokios in der Hafengegend. Wenn ich den Reisefuehrer richtig verstanden habe, hat man früher hier den Müll ins Meer gekippt, und irgendwann beschlossen, die Deponie in ein Einkaufs- und Unterhaltungsviertel umzuwandeln.  Vorstellen kann ich mir das gut, auch wenn es bis auf direkt am Wasser überhaupt nicht nach Müll riecht. Bereits die Anfahrt nach Dabai  ist ein  Ereignis für sich, da man im Normalfall die sogenannte Regenbogenbrücke überquert. Wir haben uns für die Japanisch Futuristische Variante entschieden und die vollautomatisierte Yurikamone Linie gewählt.  Diese ferngesteuerte Züge zuckeln auf einer Hochtrasse durch die Häuserschluchten von Tokio. 


Da die Yurikamone Zuege ferngesteuert sind, kann man sich ganz vorne fast wie der Fahrer fühlen.

Während ich inzwischen langsam den Jetlag überwunden habe, kämpft Imogen noch sehr mit dem Schlaf oder genauer gesagt mit dem Mangel an selbigem. Da ist es wieder, das einzige Problem mit einer Rundreise zu den Flitterwochen: Will man etwas sehen, fehlen die Ruhephasen und Freiraeume, die man für eine völlig harmonische Zeit benötigt. Als Warnung und gleichzeitig Liebeserklärung an meine Frau: Wer es einfach und unkompliziert will, der fährt in den Flitterwochen an den Strand. Wenn man aber seinen Partner auch dann noch liebt, wenn er das fünfte Mal stehen bleibt und im Rucksack kramt (die Frau) oder  trotz nahendem Kollaps  unbedingt noch die gesamte Gundam Roboterausstellung sehen will (der Mann), dann bekommt man nach den großen Emotionen der Hochzeit noch viele unvergessliche gemeinsame Erinnerungen.  

Wie jeden Tag hatten wir ein schönes Kompromissprogramm ausgehandelt. Wir begannen mit einem romantischen Teil, der Standpromenade vor dem Deck SS (das war wirklich so beschriftet, ich frage mich ob da noch unverarbeitete Vergangenheit schlummert). Ohne den ständig tröpfelnden Regen und eine lautstark streitende chinesische Reisegruppe wäre es wohl auch noch einen Hauch romantischer ausgefallen.


Romantisch im Regen am Strand – da ist der Mann nicht nur Geliebter, sondern auch Schirmstaender beim Muschelsuchen


So ein schöner Rücken entzückt auch bei schlechtem Wetter

Da man zwar von feuchten Träumen spricht, aber durchgenässte Kleidung weniger Spass macht, drehten wir eine kleine Runde durch die Einkaufspromanden am Strand. Meine Frau zeigte ihre Liebe, indem sie an den vielen tollen Kleider Geschäften vorbeiging, wobei ich bei der Auswahl durchaus die eine oder andere Stunde Shopping verstanden und unterstützt hätte. Mit dem notwendigen zeitlichen Sicherheitsabstand ist Mann gerne großzügig. Wir machten sogar einen kurzen Abstecher in eine kleine, höllische laute und typisch japanische Spielhalle. Während ich den mir wohlbekannten Taiko Trommelautomaten behämmerte, sichtete meine Frau den aktuellen Hype für die Damenwelt: Extrem aufwändig gestaltete Fotokabinen. Anscheinend lassen die Japaner liebend gern ihr Geld dafür, sich bis an die Grenzen der Glaubwürdigkeit photoshoppen und wie eine wahre Schönheit „Super-Sparkly“ gezaubert zu werden.


Romtomtomtom – diese Trommeln machen einen Heidenspass, auch wenn die Musik und die begleitende Grafik typisch Japanisch schrill sind. Die Japanischen Jugendlichen spielen übrigens Stücke wie Maschinengewehrsalven


Auch für den Spieltrieb der Frauen ist gesorgt. Man sieht klar, Natürlichkeit steht hier im Vordergrund.

Als Imogen sich dem Tinitus nahe fühlte, nutzten wir eine kurze Pause im beharrlichen Tröpfeln es Regens draußen, um ein Foto mit der japanische Freiheitsstatue zu machen.  Den Japanern war das Eiffelturm Imitat wohl noch zu wenig, deswegen stellte man sich ein 5 Meter Exemplar der alten Dame vor ein Einkaufszentrum. 


Born in the US….Aeh?

Als wir dann beim nächsten Stop ankamen, war meine Frau am Ende ihrer Kräfte. Immer wieder legten wir einen kleinen Zwischenstopp ein, der von lebensnotwendigen Damen-Kruschel Aktivitäten begleitet wurde. Uns ist das erst am Abend klar geworden, aber anscheinend haben Frauen das tiefe Bedürfnis, einen mehr oder minder großen Behälter mit sich zu führen, in dem sich alle Ausrüstung befindet, um nicht nur die postnukleare Wüste von Japan, sondern auch eine mögliche Alieninvasion bequem zu überdauern. Die einfache Existenz dieses Survival Kits erfüllt das Frauenherz aber noch nicht mit Glück, sondern dafür muss der Inhalt gesichtet, angefasst, ausgeräumt, eingeräumt, sprich – präsent gemacht werden. Also zumindest ist das mein Verständnis, Imogen wuerde das wohl wieder anders beschreiben.


In welcher Hosentasche war gleich noch einmal der Flammenwerfer?

Imogen entließ mich mit einem ähnlich liebevollen Kuss wie dem, den wir vor dem „The Kiss“ fotografiert hatten, und sank erschöpft in der Futterhalle des Einkaufszentrums nieder, während ich neugierig die oberen Stockwerke erkundete. Der Ort für diese Pause hätte nicht besser sein können, denn im 5ten Stockwerk war das „Tokio Gundam Battlefront Center“ einquartiert. 

Hierzu muss ich ein bisschen was erklären: Gundam ist die Japanische Antwort auf Transformers und eine immens beliebte und erfolgreiche Manga Serie. Im Gegensatz zu den amerikanische Genossen sind die Kampfmaschinen selbst keine Lebewesen, sondern vielmehr eine Art wandlungsfähiger Superpanzer der Earth Defense Force, in dem ein Pilot sitzt. Leider hatte ich keine Zeit, mich drei Stunden anzustellen, um mich in den hydraulisch gelagerten Kampfsimulator zu schwingen, aber immerhin konnte man gratis die gefühlt 1000enden Modelle der Gundam Roboter in einer Ausstellung anschauen. Vor dem Einkaufszentrum stand eine sehr eindrucksvolle 1:1 Replika aus Stahl, die ich ausgiebig fotografiert habe. Wenn ihr Zeit habt, schaut euch die einmal in der Gallerie an, es war jede einzelne Wartungsklappe beschriftet.


 Hier wurden alle Männer zu Kindern. 15 Meter Stahl, schweig still mein pochend Herz


Im „Café Gundam“ haette ich mir dann fast den passenden Merchandising Regenschirm gekauft. Einfach, weil „Lightsabel“ so lustig zu lesen war. 

Bevor wir für den letzten Abend nach Shibuya fuhren, schleppte ich Imogen noch in die japanische BMW Welt, das Toyota Meg@Web. Hier stellt der unmögliche Autohersteller seine neuesten Modelle vor. Sehr angenehm war, das man sich in jedes Auto setzen konnte, das dort stand, ohne dass man Personal im Genick hatte. Theoretisch gab es auch jede Menge Rahmenprogramm, unter anderem kostenlose Probefahrten mit allen Modellen auf dem Gelände (mit Voranmeldung), Rennsimulatoren, eine kleine Go Kart Strecke, und und und. Besonders angetan hatte es mir die Zukunftsstudie eines 1-Mann. Elektroflitzers, der wie ein Turbo-Steh Rollstuhl aussah. Ich war so sehr von dieser technischen Spielerei begeistert, dass die zuständige Dame  auch ein Auge beim Gewichtslimit für die Probefahrt zugedrückt hätte. Leider habe ich das Limit um mehr als eine Augenbreite überschritten, aber ich habe mich sehr gefreut, dass in Japan ein Otaku (zu neudeutsch sowas wie ein Nerd) herzlich Willkommen ist. Da weiß man Technikbegeisterung einfach noch zu schätzen! 



Leider nicht meine Gewichtsklasse: Der Toyota iReal

Am Abend hatten wir dann das erste Mal ein wenig Probleme. Ich wollte für das letzte Essen in Tokio etwas ganz besonderes, und überredete meine Frau, mit mir in ein Yakiniku Restaurant zu gehen. Yakiniku ist eine besondere Zubereitung, wo die Gäste das Fleisch roh bekommen und am Tisch über offener Flamme grillen. Ich war von Anfang an ein wenig im Stress, da ich nicht nur Deutsch-Japanisch übersetzen musste, sondern noch simultan Mann-Frau für Imogen. Nach einigem Hin und Her mit viel Gezeige hatte sich herausgestellt, dass der Grill erst ab 2 Personen angeworfen wird. Da ich schon von den Grilldüften ganz benebelt war, winkte ich großzügig nach dem Motto „einfach her mit dem Fleisch“, was wiederum bei der besseren Hälfte nicht ganz so gut ankam, da sie eigentlich kein Fleisch isst. Also bestellten wir noch ein schickes Reisgericht dazu, und weil eh schon alles wurscht war, eine halbe Bier für gut 10 Euro. Die Stimmung beim Essen war dann ein wenig gedrückt, aber wenn ein Mann im Fleischwahn ist… Die drei Japaner am Nachbartisch haben dann eine Fuhre nach der anderen angeliefert bekommen, während mein Teller schnell weggegrillt war und ich sehnsüchtig nach drüben blickte. Pünktlich zum Ende unserer zugewiesenen Essenszeit (man kann so viel essen wie man will, hat aber nur begrenzte Zeit) fand ich dann heraus, dass man neue Fuhren über das rein textgesteuerte Menü am Tischrand bestellen musste. Es war dann gut, dass wir gehen mussten, ich haette sonst im Futterrausch den Nachbartisch überfallen, und sie haetten mich mit halbrohen Fleischbrocken im Mundwinkel abgeführt (siehe -> Flitterwochen, Knast, No-Go). Im Nachhinein haette ich die ganz Situation mit mehr Großmut tragen können, aber werft einem Haifisch ein blutendes Rind in den Ozean und sagt ihm dann, er darf nur einen Bissen, weil Frau Haifisch nicht mitreißen kann. Ja der Haifisch grinst auch da, aber nicht weil er so gute Laune hat.



5 Makis, eine Teller hauchdünne Fleischsstuecke, 2 Getränke, 70 Euro. Ich glaube so ein Abend ist bei jedem Urlaub einmal dabei.

Zum Abschluss des Tages schlenderten wir ein letztes Mal durch die Lichterkanonen Shibuyas. Die Menschen waren alle fröhlich und man merkte sehr, dass die Japaner es schätzen, am Wochenende „betrunken“ zu sein, und sich somit einmal etwas gehen zu lassen. Wir haben neugierhalber auch den Love Hotel Hill gesichtet. Die Zimmer sahen auf den Bildern spektakulär aus, aber nach dem Erlebnis vom Abendessen war mein Selbstvertrauen in sprachliche Dingen ein wenig angeschlagen, und ich hatte Angst, am Ende ein Zimmer mit Elektroschocks im Bettgestell zu bekommen. Also blieb es bei einem romantischen Spaziergang. In der Ubahn hat sich dann noch eine junge Japanerin in der Tür eingeklemmt. Wie bei afrikanischen Affenfallen hing die Pfote fest, weil sie nicht bereit war, ihr Handy loszulassen. Die Japaner lösten die Situation durch beherztes Zur-Seite schauen, deswegen habe ich meine haarigen Gaijin Pranken in den Türspalt gequetscht und die Ubahn nochmal aufgehebelt. Zur Show mit einem schönen Grunzen. Die gerettete Dame stürmte dann mit hochrotem Kopf in den nächsten Wagen, ich glaube es wäre ihr weniger peinlich gewesen, durch den Ubahn Tunnel geschleift zu werden, als dass ich regelwidrig die Türe aufstemme.


Achtet auf die Plakate im Hintergrund. Vielleicht war ich Zeuge eines versuchten Selbstmordes, da keine J. Bieber Karten mehr verfügbar waren.

Leutseeliger war ein Trio, das wohl international ist. Junger Mann, etwas schlaksig, der Blick leicht glasig. Eine etwas pummelige Frau, die an den Mann gelehnt und so betankt ist, dass sie auf nichts mehr reagiert. (alle Restwahrnehmung konzentriert sich auf ihren Fang an den sie sich kuschelt). Und Last but Not least die beste Freundin/Schwester, die weder Mann noch Alkoholpegel hat, und die beiden volltrunkenen Freunde heil nach Hause bringen darf. Mit diesem niedliche Trio schlossen wir unseren letzten Abend in Tokio ab, mit der netten Erkenntnis, dass bei aller Entfernung und aller Fremde doch auch immer etwas vertrautes ist.

Tokio Tag 3 – Yumae Ippai

Aufwachen. Strahlende Sonne. Herrliches Wetter, auch wenn das helle Licht den verquollenen Augen wie kleine Dolche zusetzt. Die erfolglose Jetlag Bewältigung in Kombination mit dem London-Syndrom hat bei meiner Frau und mir bereits die ersten Spuren hinterlassen. Bereits in der Ubahn auf dem Weg zum neuen Hotel haben wir umfangreich vom Tokyo Metro Sekundenschlaf gebrauch gemacht.


Ich ruhe nur kurz meine Augen aus, ganz kurz



Der Kampf wird noch ausgefochten



Ca. 15 Sekunden später 

In hartem Teamwork schafften wir es dann doch zum neuen Hotel, pünktlich 3 Stunden vor dem möglichen CheckIn. wir konnten zumindest den großen Koffer in der Lobby parken, und konnten dann doch nicht anders, als die Zeit bis dahin sinnvoll zu nutzen. Mit an Bord war das übliche Morgenpaket: Der Trott in den 7Eleven, und dann wie bei einer Hochzeit: Etwas altes (der Reisklumpen mit bisschen Fisch), etwas neues (eine pappsüße chemische Abscheulichkeit, in der ewigen Jagd nach einem erfrischenden Erfrischungsgetränk) und etwas blaues (eine Flasche Hokkaido Mineralwasser).

An sich wollten wir die Zeit über im Park rasten, aber am Ende waren wir dann doch wieder fleissig unterwegs. Tempelbesichtigung, Leute gaffen, durch den Park laufen, noch mehr Leute gaffen, kurz überlegen, die unpassende Starbucks Filiale vor dem Nationalmuseum zu sprengen, die Sichtung einer Bonsai Ausstellung inklusive kompletter Ablichtung – alles in allem ein ganz entspannter früher Nachmittag im Hause Wiedenmann. Apropos Familie, ich hoffe mein lieber Bruder liest das hier, denn er ist ein großer Bonsai Fan und ich habe die arme Imogen gezwungen, jeden einzelnen Baum zu knipsen.



An vielen Schreinen gibt es die Statue einer Kuh, der man bei Kinderwunsch eine Schürze umhängt. Da ich nie ein Schürzenjäger war und wir so keine Schürzen dabei hatten, versucht meine Frau, das Wohlwollen der Zauberkuh mit einer herzlichen Kobe-Massage zu erkaufen.



Ein letzter Moment der Gnade vor dem Bonsai Marathon



Mein lieber Bruder, wir haben sooooo viele Bonsais für dich fotografiert!

Zusammen mit der Sonne und dem Schlafentzug wurde ich immer alberner. Imogen konnte mich noch davor abhalten, mit meiner Kamera vor die Japaner zu springen, wild mit den Augen zu rollen und zu Brüllen: „wir sind finstere Ausländische Teufel (Oni) und stehlen euch jetzt eure Seelen Waaahahahahaha!“. Sie hat mich an die Sache mit Flitterwochen, der Romantik und kein Gefängnis erinnert. Nicht, dass ich jetzt ein Chaot, Störenfried oder ähnliches wäre. Im Gegenteil, ich fühle mich in meinem Humor manchmal einfach missverstanden. Oder es war etwas in dem riesigen Wassereis, das ich geschlürft habe. Einmal wäre ich beinahe aus der fürsorglichen Obhut meiner Frau entkommen, als ich mich wie ein Chamäleon meiner Umgebung angepasst habe. Dies erfordert ein tiefes Verständnis menschlicher Wahrnehmung bzw. die passende Größe und Mimik.



Ich verstehe nicht, wie diese raffinierte Tarnung auffliegen konnte.

Als der Sirup Rausch überstanden war, merkte ich wieder die Müdigkeit. Neidisch beobachteten Imogen und ich die glücklich schlummernden Japaner. Der Sirenengesang eines Bettes war unerträglich stark. Man stelle sich das in etwa so vor: Der Körper hat das erfrischte Empfinden einer 10 Stunden Massage mit einem Brecheisen. Alles tut auf eine nörgelnde Art weh, und der Geist ist wie ein immer dunkler werdendes Lagerfeuer, das in einem Meer aus Zuckerwatte einsam flackert. Der Wille erinnert hartnäckig und pflichtbewusst daran, dass ein erneutes Nickerchen wieder eine Niederlage in Krieg gegen n Jetlag ist, aber die Zuckerwattte… Die ist so wunderbar weich, und samtig, und die Knie meckern so und… loslassen, einfach loslassen… „GANBATTE SCHATZ!!!!! HALTE DURCH! NICHT WEGNICKEN, WIR GEHEN WEITER!!!“

Eine Ehe verbindet zwei Menschen, und gemeinsam bildet man eine starke Einheit, die selbst in solchen Situationen Kraft gibt, dem inneren Sirenenschweinehund zu widerstehen. Auch wenn man im direkten Moment der Unterstützung nicht immer von unendlicher Dankbarkeit und Liebe erfüllt ist. Das bekommt der Partner dann in Form einer Fussmassage.


Bei dem Anblick möchte man auch sofort so selig schlafen


„Wenn Du denkst, es geht Dir jetzt schlecht, stell Dir einfach vor, was noch schlimmer wäre.“ Solch einfühlsame Unterstützung gibt dem Partner Kraft zum Weitermachen.

Wir haben es übrigens bis in den Abend hinein geschafft, ohne ein Nickerchen durch den Tag zu kommen. Wir haben noch Ueno und Asakusa am Abend heimgesucht, und die fantastische Atmosphäre von Tokyo aufgesaugt. Man fühlt sich wirklich zu keiner Sekunde unsicher, und die Freundlichkeit der Japaner hilft sehr dabei, einmal die schlechte Laune wegen der Erschöpfung zu vergessen. Wir haben so vieles gesehen, dass ich noch unzählige Seiten schreiben koennte, aber dann bleibt bei der ganzen Berichterstattung keine Zeit mehr, Neues zu erleben, und Zeit für den Partner ist auch wichtig. Nur zwei Kleinigkeiten wollte ich noch erwähnen:
Zum einen wurden wir für unsere Ausdauer am Abend belohnt, weil wir rein zufällig in ein Ritual von Zen Bogenmeistern gestolpert sind. Von lauten Taiko-Trommeln angelockt konnten wir die Bogenschützen beobachten, wie sie auf ihre Zielscheiben geschossen haben. Vom Zug bis zum Abschuss haben diese Männer eine so tiefe Ruhe ausgestrahlt, dass es auch für mich wie eine kühlende Hand war. Zum anderen konnte ich mit meiner Frau einen romantischen Spaziergang durch den Ueno Park nach Hause machen. Bei Tag wirken die drei kleinen Seen nicht so toll, aber bei einer lauen Sommernacht, wenn sich das Licht auf dem Wasser spiegelt, ist es ein sehr schöner Weg. Der Meinung waren übrigens nicht nur wir, sondern viele zusammengekuschelte Pärchen, die für einen verliebten Menschen ein Spalier der Zärtlichkeit gebildet haben. Für masochistische Menschen, die Einsam sind, kann man diesen Weg deshalb – wenn auch aus völlig anderen Gründen – sehr empfehlen.
Morgen dämmert unser letzter Tag in Tokio, und dieses Mal werden wir es garantiert ganz gemütlich angehen lassen. Als Einstimmung und Vorsatz deswegen unser schon fast spionagetauglicher Schuss von den Zen Bogenschützen:


Einatmen. Ziehen. Loslassen. Ausatmen.

Schlaflos in Tokio – Tag 2

Jetlag ist eine grausame Geliebte. Während ich bei meiner letzten Japanreise nach einen über 48 Stunden Marathon einfach ordentlich ausschlief und danach fit wie ein Turnschuh war, zieht sich dieses Mal das Akklimatisieren hin. Auch die Tatsache, dass wir Morgen Hotel wechseln und deswegen schon wieder früh raus müssen, macht das nicht einfacher. Oder die Tatsache, dass die ebensowenig angekommenen britischen Herren vom Nebenzimmer sich gerade um kurz nach Mitternacht in gefühlter Düsenjäger Lautstärke unterhalten. 

Eigentlich hatte ich angesichts von Fukushima leere Strassen und noch leerere Hotels erwartet, wo halb verhungertes Servicepersonal die Töchter und Söhne obendrauf gibt, wenn man nur dort nächtigt, aber offensichtlich ist Platz auch im postapokalyptischen Japan ein rentables Geschäft. Am Empfang schmunzelte der Consierge bei der Frage, ob man das Zinmer auch verlängern konnte, und bot dann ein halb so großes Zimmer für gut 340 Euro die Nacht an. Da haben wir dann doch lieber den Aufwand eines Umcheckens in Kauf genommen und werden morgen noch einmal umziehen. 
Überhaupt erkenne ich Japan preislich kaum wieder. Das letzte Mal war sowohl der Yen wesentlich gnädiger gestimmt, aber auch die allgemeine Preislage vor Ort noch machbar. Heute war ich heilfroh, ein kleines Hotel in Tokio auf Jugendherbergsniveau für 85 Euro das Doppelzimmer bekommen zu haben. Und wer denkt, dass Tokyo schlimm ist: Auch im verschlafenden Nikko kann man heute in einer Herberge schon gut 400 Euro die Nacht lassen. Gott sei Dank ist mir Ken und die Parklodge eingefallen, wo wir für Samstag auch ein kleines Zimmer bekommen haben. Aber genug der Unterkünfte. Ich muss übrigens meinem Bruder widersprechen, der meinte, dass in Tokyo alle Leuchtreklamen aus sind, da der Strom wegen mangelndem Atomstrom knapp ist. Es folgt Beweisfoto A, gemacht heute, 21:35 im Tokio Tower (der japanischen Antwort auf den Eiffelturm).: 

Also entweder haben die Japaner einen Weg gefunden, Fallout für Leuchtreklame zu verwenden, oder man kommt doch ohne Atomstrom aus, um die notwendige Epilepsiestufe in der Strassenbeleuchtung zu erreichen.

Aus dem Fischmarkt wurde heute leider nichts, da wir hoffnungslos verschlafen haben. Erst gegen Mittags nach ausführlicher Plünderung des Kaffees in der Hotel Lobby sind wir wie zwei verliebte Zombies Richtung Yoyogi Park getrappst, um meiner Frau den ersten Fix fernöstlicher Ästhetik und Spiritualität zu geben. Das klingt jetzt zynischer als es gemeint ist, aber der Tag war lang, die Engländer lärmen immer noch (reicht denen nicht, dass sie unser Championsleague finale versaut haben?), und ein müder Stefan ist, wie die Briten es sagen wurden, „a nasty bitch“. Immi hat sich eine Votivtafel besorgt, und etwas bestimmt so liebenswertes und sonniges darauf geschrieben, wie ich es nach einer schlaflosen Nacht bestimmt nicht hinbekommen hätte.


Botschaft geheim aber garantiert lieb. Dafür hat man eine Frau, ginge es nach den Tafeln der Männer, wäre der FCB jetzt mit Pott und dafür ein paar Landstriche entvölkert.

Aber jetzt will ich doch eher mal die positiven Dinge sehen. Das Wetter hat sich brav gebessert, auch heute beim zu Bett gehen haben weder ich noch meine Frau Grün geleuchtet, und Imogen hat erfolgreichen einen klassischen Stefan-Sightseeing Tag überstanden. Im entspannten Stechschritt wurde der gesamte Meji Schrein und Yoyogi Park durchmessen, gefolgt von einer großzügigen Erholungspause von 15 Minuten auf einer Parkbank. Bei dem schönen Wetter haben sogar die Japaner wieder so viel Hoffnung getankt, um nebeneinander im Grass zu sitzen, oder in Extremfällen sogar Händchen zu halten. Ganbatte liebe kleine Freunde, nichts ist schöner als ein neues Leben in radioaktiver Wüste, und zwei schreiende Münder sind viel schneller still, wenn sie nur zu einem Magen gehören.


Aufkeimende Hoffnung im Land der Vulkane. Hier hat die Liebe eine strahlende Zukunft

Nein aber jetzt mal im ernst: ich finde Japan und Tokyo bisher wie beim ersten Mal wunderschön, und fühle mich schon wieder fast heimisch. Allein der Enthusiasmus, mit dem die Jugendlichen im Park die Tanzkoreographien ihrer Lieblingsbands einstudiert haben, war ansteckend. Wenn ich nicht als unheimlicher Gaijin sofort in den Knast kommen würde, haette ich versucht, da mit zu üben, das sah schon sehr professionell aus.


So schoen grün ist es in Japan. Die Tänzer müsst ihr euch vorstellen, die wollte ich nicht so aufdringlich ablichten. Ein Königreich für ein Teleobjektiv!

Aber ich denke, dass Gefängnis am dritte Tag der Flitterwochen eine frische Ehe doch eher etwas über Gebühr belasten wuerde. Zu diesen Bands selbst kann man leider bis auf die Koreographien nix Gutes sagen, musikalisch ist es grenzwertiger JapanPop und je nach Geschlecht hat man entweder abgehungerte Pseudo-Namba Hengste (was Namba ist, konntet ihr bei meiner ersten Reise lernen) oder eine kichernde Gruppe von Mädchen in Bikinis, deren Alter hierzulande das LKA Sturm laufen lassen wuerde. Aber lasst die Knüppel im Schrank liegen, denn die Japanerin von Chick ist 40 Jahre alt und sieht aus wie eine 15-Jährige, die sich auf 20 hochgeschminkt hat.

Nach einem schönen gemeinsamen Selbstportrait auf der Parkbank ging es weiter nach Shibuya, wo ich mich gleich wieder im schönsten „Lost in translation“ Gefühl wiederfand. Es ist sehr spannend, wieder an die Orte zurück zu kehren, die so viele Eindrücke geliefert haben, und das vor allem zusammen mit jemandem, durch dessen Augen man alles noch einmal neu entdeckt. So hat Imogen ein hervorragendes Auge für Mode, und fühlt sich neben den todschicken Tokyo Frauen in ihrer Touristenkluft etwas unfein. Da fehlen ihr aber die liebenden Augen eines Ehemannes, denn Kleider machen Leute, aber keine Frauen. Und bei denen gibt es primäre Erkennungsmerkmale, die meine Frau in mir erfreuender Weise erfüllt und todschicke aber zaundürre  Japanerinnen eben nicht. Von den vielen anderen Gründen, warum ich meine Frau auch über die Eheschließung hinaus liebe, einmal ganz zu schweigen. Aber das ist kein Japan – Spezifisches Thema und wird somit ausgelassen. Aber es ist auf jeden Fall für Imogen und mich ein tolles Erlebnis, eine so große Reise gemeinsam zu machen


Sind schließlich zusammen in Flitterwochen also 1 2 – aaaaaaah

Irgendwann war dann selbst die nahezu unerschütterliche Unternehmungsfreude meiner Frau schwer durch Hunger geschwächt. Das mag jetzt unpassend klingen, aber als wir im Park beim Hundespielplatz standen, wo die Vierbeiner wie verrückt getollt haben, musste ich Imogen mit einem verliebten Schmunzeln anschauen. Denn sie hatte den gleichen überschäumend begeisterten Blick wie die besten Freunde des Menschen dort. Und auch so ein Reisetag hat da durchaus seine Analogien: Die Unruhe und das an-der-Türe scharren vor dem Aufbrechen, das fröhliche Umherlaufen, dann der Einbruch wenn der Hunger kommt und dieser dankbare Blick, wenn dann der Napf auf dem Tisch steht.


Ente gut, alles gut. Auch wenn’s Rind und keine Ente war.

Anschließend ging es noch zum Tokyo Tower, wo wir versucht haben, Tokyo bei Nacht zu fotografieren. Im Nachinein muss ich zugeben, dass ich die romantische Stimmung doch lieber mehr mit meiner Frau als mit Blende und Belichtungszeit geteilt hätte, aber wenn mich da erst einmal der Ehrgeiz packt… So richtig bewusst wurde es mir leider erst, als wir aufgefordert wurden, doch bitte mit dem letzten Fahrstuhl nach unten zu fahren, und der Angestellte zwei bezaubernd schüchterne japanische Paare aus den Ecken gekratzt hat. Wie dem auch sei, dafür gibts noch ein paar Versuche in Tokio-Nachtfotos. Im Übrigen habe ich eine hoffentlich jetzt für alle sichtbare Gallerie gebastelt, der Link ist rechts oben der erste bei „Blogroll“. Die Gallerie enthält eine bereits leicht vorsortierte Auswahl und sozusagen Bonusmaterial. Heute zum Beispiel unter anderem ein kurzes Video, wo Imogen versucht, es den Japanern beim Suppe schlürfen gleich zu tun. Jetzt aber werde ich erst einmal versuchen zu schlafen, und Morgen das Programm etwas entzerren. Schließlich sollen es ja Flitterwochen und keine Folterwochen werden. 

Tag 1 – die Ankunft


Nach erfolgreichem Ausharren der Flugzeit erfolgte pünktlich um 10:00 Ortszeit die Landung am Flughafen Tokyo Narita. Da ich grundsätzlich meine Probleme mit dem Verrichten meiner menschlichen Notwendigkeiten abseits von 10 km Höhe habe, eilte ich sofort in das erste Japanische Superklo.

Die Japaner haben in meiner Abwesenheit den Familiensinn entdeckt und einen Multifunktions-Kindersitz in die Sitzkabine integriert. Da die Anweisungen wieder so herrlich Japanisch waren, habe ich für euch ein Foto geschossen:



Bitte schminken sie sich nicht, während sie beim Quersetzen des Kindes auf Kimme eine Zigarre rauchen

Überhaupt möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um ein wenig an diesem praktischen und jedem Menschen bekannten Vorgang noch ein bisschen etwas über Japanische Schreib- und Denkweise. erzählen. Nach der Ankunft im Hotel rissen mich die mühsam unterdrückten Flüche meiner Frau mich aus dem Post-Jetlag Schlummer, da die ärmste zwar ihren Körper in jeder erdenkbaren Funktion bespült und besprüht bekam, das Material des Anstosses aber davon sehr unbeeindruckt war. Im Gedenken meines vergebliche Fuji Beisteigungsversuches sichtete ich den Spülknopf. Dort war auch in der Tat links das Zeichen für „groß“ (Yama). Und kaum zog man den Hebel in die richtige Richtung, wurde aus Mr. Sprinkle ein Sturzbach der Erleuchtung.



Das Zeichen für Yama sieht aus wie ein Berg, unter dessen Spitze eine Wolkendecke ist. Da wird noch poetisch gedacht!

Da das thematisch ganz gut passt, möchte ich betonen, dass ich bestimmt kein Wetterflüchtling bin. Denn das Wetter hier in Tokio ist so, dass ich liebend gerne mal den „Yama“ Hebel ziehen möchte. Entsprechend konnten meine Frau und ich uns ganz der Herausforderung eines Schirmschlosses widmen. Dummerweise hatte das Hotel ein neues Prinzip, also rätselte ich stur, bis ein freundlicher älterer Herr meiner erbarmte und mir das einmal zeigte.



Da muss man nur den Schirm durch diese Lasche ziehen… (der Buckel kommt übrigens vom Kapuzenpulli !)

Ansonsten haben wir heute nicht mehr viel geschafft. Wir haben noch ein schönes Foto vom Tokyo Tower gemacht, sind bei strömendem Regen durch Roppongi geirrt, und sind anschließend trotz aller guten Vorsätze an unserem ersten Tag gleich bei Yoshinoya eingekehrt, da ich ohne meinen Freund und Übersetzer Max doch für den ersten Tag ein wenig mit der Essenauswahl überfordert war. Aber man kann sagen was man will – trotz dem schlechten Gewissen, als verheirateter Mann bei einem perfekten Junggesellenrestaurant zu Speisen (günstig, große Portionen) – ein heißes Essen nach drei Stunden Dauerregen macht jedes Frauenherz glücklich. Da hat mir Imogen sogar verziehen, dass ich das befragen von Passanten meide wieder Teufel das Weihwasser. Aber nach der ersten Aktion, und gebanntem Warten trotz Zeitdrucks auf einen freundlich lächelnden Angestellten, der den mir bekannten „verdammt, ich hab keine Ahnung und der geht erst weg, wenn er eine Antwort hat“ Singsang summte, war mein Bedarf nach ausführlicher Unterhaltung bei Zeitdruck gedeckt.

Und wo ich bei Zeitdruck bin – so langsam schließe ich für den ersten Tag, da es Morgen schon sehr früh losgeht. Ich freue mich schon jetzt, mit meiner Frau, die Teilzeitvegetarierin ist, den größten Fischmarkt der Welt anzuschauen!



Tokyotower bei Nacht und Regen.

 

Lost in Roppongi

 

So lieb werdet ihr angeschaut, wenn ihr nach strömendem Regen zumindest irgend etwas heißes organisiert. Gesponsort vom Internationalen „Das da bitte !“

Abflug

An sich ist es eine gute Idee, noch die letzten Nahrungsmittel vor dem Urlaub zu verbrauchen. Weniger gut war diese Idee gestern, da ich in dem eisernen Vorsatz, nichts zurück zu lassen, wohl auch etwas falsches erwischt habe. So verbrachte ich denn auch den Tag vor unserer Abreise wahlweise im Bett oder auf dem Thron aller Männer, während meine Frau emsig die Koffer packte und ich mich still und heimlich verfluchte, das erste Mal in meinem Leben keine Reiseversicherung abgeschlossen zu haben. Bei der Buchung war mein Ansatz, dass keine Katastrophe der Welt mich von den Länge geplanten Flitterwochen abbringen kann. Als dann am späten Nachmittag mein Körper fröhliches Ausscheidungsroulette spielte, war die Zuversicht einer gewissen Demut gewichen, und ich hatte die ganze Nacht strikteste Bettruhe.

Und wer sagt es, das hat sich auch weitestgehend gelohnt, ich sitze neben meiner frischgebackenen Frau (wie bäckt man überhaupt eine Frau? Aus Rippenmehl?) am Flughafen in München. Eigentlich könnte es schon Tokyo sein, weil gut 80% der anwesenden Personen Japaner sind. Wie jeder gute Mann habe ich allen Rat meiner Frau in den Wind geschlagen und die gestrige Zwangsdiät mit einem 20er Pack Chicken Mc Nuggets beendet, die mir jetzt wie gut gefettete Ziegelsteine im Magen liegen. Damit ich mir jetzt kein ausfuehrliches „ich habs doch gleich gesagt, dass dir die nicht gut tun“ versuche ich dieses Detail geheim zu schreiben, bevor Imogen mir drauf kommt. Ich hatte extra meine Zähne zusammengebissen und gepriesen, dass ich als Mann noch am besten weiß, was mir gut tut.
Inzwischen haben wir auch schon unser neues Zuhause für die nächsten gut 11 Stunden bezogen. Die Lufthansa Star Alliance schwimmt auf der grünen Welle und hat aus Liebe zur Umwelt die Sitzplätze in der Economy Klasse so optimiert, dass ich mein Schriebgeraet gar nicht auf meinen Schoss stellen muss – ich tippe einfach bequem mit der Nase, unter die direkt meine Knie gequetscht sind. Die zweite Theorie ist, dass der Flieger bei dem hohen Japaneranteil einfach für ein heimisches Quetschgefuehl sorgen wollte. Da können wir uns gleich auf die Tokyoter Ubahn einstimmen.
Meine Frau beim Zollkarten ausfüllen. Ich habe leider vergessen, Drogen und Feuerwaffen mitzunehmen, damit ich sie angeben kann...

Dafür sind wir im 21. Jahrhundert angekommen, und ich kann diesen ersten Beitrag direkt vom Flieger aus verschicken – bevor ich meinen Nachtisch vertilge und dann versuche mich in Origamischlaftechniken zu üben. Entweder werde ich als der verschlungene Kranich oder der jodelnde Tiger enden, vor allem da zwar die Sitzlehne meines Vorsitzers sehr weit nach hinten stellbar ist, nicht jedoch meine eigene. Das Universum scheint mich und Langstreckenflüge zu lieben…

Die Reise – eine Zusammenfassung

Mit einer guten Portion Herzschmerz in der Brust sitze ich im vollen Flieger nach Heathrow, während ich die ganze Reise noch einmal durchgehe. Ich habe mein Kobe-Steak bekommen, ein Kaiseki gefuttert, in einem Buddhistischen Tempel übernachtet, Mönchen beim Meditieren zugeschaut, japanisches Barbequeue gemacht, die verrückten Straßen des Tokyoter Nachtlebens überlebt, Berge bezwungen, Täler durchwandert, Flüße, Bäche, Seen, Gärten, Paläste und Tempel besichtigt, mit einigen Japanern Freundschaft geschlossen, bei einem Improkonzert mitgemacht, am bunten Trubel eines Hanami im Yoyogipark teilgenommen,, Karaoke gesungen, eine halbe Million Gräber bei Nacht und voller Blase überwandert, Zen-Yoga geübt, meditiert, mich mit rebellischen Rehen auf Miyajima gestritten, die Auswirkungen einer Atombombe im Friedensmuseum studiert und noch vieles mehr.
Insgesamt habe ich aus den überall vorhandenen Automaten 87 Flaschen Erfrischungsgetränke gezogen, 3867 Fotos gemacht, täglich im Schnitt 5 Stunden im Bett und eine Stunde im Zug geschlafen, 14 Städte und Orte bereist, gute 52 Stunden in japanischen Zügen zugebracht, in 7 Waschsitzungen auch das letzte Hemd verbrannt, 16 Unesco-Welterbe gesehen, 6 Mal geflucht, dass in japanischen Hotels keine Klobürsten angeboten werden, ein paar hundert Mal arigato gozaimasu und chotto matte gesagt, eine Flasche Hustensaft und 6 Aspirin verbraucht, 19 Schulklassen begrüßt und ein paar dutzend Mal ‚Takai des!‘ von japanischen Kleinkindern gehört.
Meinen Lesern danke ich für die Aufmerksamkeit, mir hat das Schreiben einen riesigen Spaß gemacht! Mir ist das Land – und besonders die Japaner – sehr ans Herz gewachsen. Durch mehrere ‚Pinky Promises‘ (Einhaken vom kleinen Finger) gebunden muss ich so oder so wieder hin, und das werde ich ausgesprochen gerne machen.
Nihonwa sugoi des!!!

Letzte Station: Nikko – Teil 2, der Kulturteil

Großes Glück schlägt doppelt zu, denn Nikko ist nicht nur wegen der Park Lodge einen Besuch wert. In der Tat könnte ich mir keinen schöneren Ort wünschen, um mich von diesem grandiosen, skurillen, ästhetischen Land zu verabschieden.


Die Pagode des Toshogu Schreins. Ich habe nochmal nachgelesen: Als Ersatz für das Fundament wird ein Pendel verwendet, das Innen aufgehängt ist.

Ich habe lange überlegt, ob ich Nikko als allerersten oder allerletzten Stop in Japan empfehlen soll. An sich ist es als erster Halt empfehlenswert, da man im Park Lodge mit unzähligen Inspirationen für seine weitere Reise versorgt wird. Aber auf der anderen Seite wird hier einem konzentriert das Beste von beiden Seiten Japans geboten: Die Tempelanlagen, allen voran der Tohagu-Tempel mit dem Sonnentor, sind nicht die größten Bauten mit den dicksten Buddhas, haben nicht die ältesten Bäume oder meisten Kois im Teich. Aber die Farbenvielfalt der Dekorationen und die zahllosen, feinstens gearbeiteten Details an jedem Bau suchen ihresgleichen. Wer diese Pracht gesehen hat, wird die anderen Tempel in Japan sicherlich noch genießen können, aber im Kontrast kommt einem alles sehr schlicht und streng vor. Das Beschreiben ist wirklich schwierig, deswegen will ich hier Bilder sprechen lassen:


Ein Teil der Tempelanlage von Toshogu. man beachte die Farbenvielfalt.


Das Sonnentor – lange nicht so riesig und Eindrucksvoll wie das Vortor der Daibutsu-den, aber in seiner Handwerkskunst, den Farben und den Details unübertroffen. Selbst nach einer halben Stunde findet man eine Kleinigkeit, die bis dahin entgangen war.


Solche kleinen Personengruppen zieren die unterste Leiste.


Farbenprächtige Drachenköpfe und filigran gearbeitete Goldeinlagen.


Das schlafende Kätzchen. Schützt vor Bösem und ist natürlich niedlich.


Alle inneren Tempelwände waren beidseitig mit Motivtafeln geschmückt.


Eine dieser Tafeln in der Nahaufnahme – vom Gesamtbild bis zur kleinsten Einzelheit, hier wurde alles bedacht.


Die berühmten drei Affen als Tempelrelief.


In dem Tempel gibt es auch ein weißes Pferd, das von der Neuseeländischen Regierung gestiftet wurde. Es ist das einzige heilige Pferd in Japan, und der Grund, warum in Nikko sehr viele Neuseeländer sind.


Eine der bunten Statuen, die in allen Toren als Wächter stehen.

Zum andern bietet Nikko auch eine herliche Landschaft: Nikko liegt wirklich im Grünen, und nur die Insel Miyajima kann mit der atemberaubenden Umgebung hier halbwegs mithalten. Ich habe eine Wandertour vom Yamato Onsen bis zu dem Ryozu Wasserfall gemacht.


Der Gebirgssee. Da er auch von den heißen Quellen gespeist wird, kann man auch mal statt klarer Bergluft eine fiese Schwefelschwade erwischen.


Einer der beiden Wasserfälle, die ich passiert habe.


Die Sumpflandschaft im Nationalpark von Nikko, im Hintergrund die Berge. So richtig zur Höchstleistung dreht die Gegend aber erst im Hochsommer auf.


Der Drachenkopf-Wasserfall.

Der Tag war auch voller wundersamer Erlebnisse, wie eine Neuseeländerin, der ich insgesamt 5 Mal mitten im Nirgendwo über den Weg gelaufen bin, ein tolles Abschiedskonzert in der Nikko Park Lodge und eine wüste Krötenorgie. Aber all dies gibt es dann im Detail von mir erzählt.

Letzte Station: Nikko – Teil 1, die Nikko Park Lodge

Ursprünglich stand Nikko nicht einmal auf meinem Reiseplan, und ich verdanke es einem reinen Zufall, dass ich beschlossen habe, als letzte Station vor Tokyo und dem Rückflug das kleine Städtchen Nikko anzusteuern. Direkt nach der Ankunft stand ich vor einem großen Problem: Ich wusste zwar, das am 29.04. ein Feiertag ist, aber nicht, dass dieser Feiertag zur sogenannten goldenen Woche ausgebaut wird. Sinnigerweise hatte ich die falsche Tourist Information gewählt, die keine Hotelreservierungen anbot, und so packte ich ein Bündel Prospekte, eine Tasche voll Kleingeld, und machte mich ans spannende Abenteuer der Hotelsuche. Nach 12 Anrufen war mein Münzvorrat übel dezimiert, und die sinkende Sonne stellte mir allmählich ein Ultimatum: Bleiben und auf das Glück hoffen und Notfalls auf der Straße schlafen, oder mit eingekniffenem Schwanz nach Tokyo. Da ich mich durch mehr Mut als Vernunft auszeichne, wählte ich Variante 1. Und tatsächlich, mit der sprichwörtlich letzten Münze fiel der Groschen: Ich versuchte es bei der Nikko Park Lodge, die laut Prospekt nur Doppelzimmer anbot.


Der erste Eindruck von Nikko: Grün, bergig, lauschig.

Der ausgesprochen muntere Angestellte bestätigte dies und konnte seine Überraschung nicht verbergen, als ich erklärte, dass ich eben für zwei Personen zahle (breit genug bin ich ja). Ich glaube er wollte echt meinen Geldbeutel schonen, aber das Zimmer ist gar nicht so teuer, und er gab mir sogar noch einen großzügigen Rabatt. An dieser Stelle hatte ich noch keine Ahnung, was für ein unverschämtes Glück ich hatte, aber bekanntlich ist das Glück ja mit den Du.. äh Tüchtigen. Gleich zu Beginn wurde ich vom Koch abgeholt, der mich auf dem Weg zum Einkaufen mitnahm. So besuchten wir einen Großmarkt und einen 100yen Markt, in dem man jeden möglichen Krempel für 100 Yen bekommt.


Ein japanischer 100 yen Laden.

Das Nikko Park Lodge ist die mit Abstand genialste und unterhaltsamste Unterkunft, die ich in Japan bezogen habe. Es ist eine Mischung aus Herberge, Berghütte, Mini-Hotel und Hardrock Café, ein winziger Holzbau im Stadtpark, der von einem ehemaligen japanischen Rockmusiker aus Tokyo geführt wird. Ken wird von Ryazu unterstützt, einem ehemaligen Shinto-Mönch aus Osaka, der neben seiner Aufgabe als Koch (rein veganisch) jeden Morgen um 07:00 Zen Yoga Stunden gibt (ich war dabei, eine klassische Stefan-Kataströdie).


Das Nikko Park Lodge. Einer der besten Orte, um in Japan zu Übernachten und meine Messlatte an Gastfreundschaft in Japan.

Des weiteren arbeiten für ihn eine zierliche Japanerin, die gut Französisch spricht, eine Neuseeländerin und eine Österreicherin aus Innsbruck. Jeder Gast wird von allen wie ein Familienmitglied begrüßt, und man muss/darf zuerst ein mal mit der ganzen Runde auf einen Tee in die Küche, wo einem enthusiastisch die tollsten Wanderwege rund um Nikko erläutert werden, während Ken Gemüse schnippelt, der Mönch die Pfannen schwingt und man selbst ständig Geschirr weiterreicht.


Der Gemeinschaftsraum. Abends lungern hier Menschen aus aller Welt, und jeder redet mit jedem.

Der zweite Dreh- und Angelpunkt ist der Gemeinschaftsraum, ein uriger großer Raum mit dunklen Holztischen, zwei gemütlichen Sofas, in denen ständig jemand herumlungert, und einem Verstärker samt E-Gitarre sowie zwei akkustische Gitarren. Abends versammeln sich die Gäste und Ken beweist an der E-Gitarre, dass auch Japaner verdammt gut abrocken können. Ab 22:00 beginnt die Abendruhe, und das schwere Gerät wird gegen die leiseren klassischen Gitarren getauscht. Erstaunlich, wie viel Leute Gitarre spielen können, und beim gemeinsamen Singen und Spielen kommt allerbeste Lagerfeuerstimmung auf. Das Publikum sind überwiegend westliche Touristen, und zum allergrößten Teil Neuseeländer. Das hat auch einen Grund, doch mehr dazu später. Alle sind Rucksackreisende um Mitte 20 bis 30, und allein wegen der Möglichkeit, sich in so einer tollen Atmosphäre mit vielen Leuten über die besten Ziele und Erlebnisse in Japan auszutauschen ist das Nikko Park Lodge ein klares MUSS für den Japanreisenden. Die Übernachtung selbst schießt einen in seine Jugend zurück, denn wer kein Doppelzimmer hat, schläft in Zimmern mit Stockbetten. Auch dort ist aber jedes Bett mit einer beheizbaren Matraze ausgerüstet, was die Nächte herrlich kuschelig macht.


Rechts der Mönch an der Klassik, Pete am Bass und links versteckt ein ehemaliger Bandkollege von Ken.

Zum krönenden Abschluss gab es gestern Abend noch ein Impro-Blues Konzert, mit Ken an der Leadgitarre, zwei weiteren Japanern als Verstärkung, Pete, einem jungen Neuseeländer am E-Bass, Daniel, einem Kanadier der im Norden Japans Grundschulkinder in Englisch unterrichtet, als Sänger und an der Mundharmonika, und meine Wenigkeit als Percussion an einem improvisierten Schlagzeug aus Dosen, Bierflaschen und einer leeren Tonne, wenn ich nicht gerade gefilmt habe.


Links nochmal ein Bandkollege von Ken, rechts daneben ein Freund von Ken, der zum Jammen gekommen ist. Er spielt auf einer echten Fender von 1960 und ist richtig gut.

Ken selbst scheint eine Art Anti-Foto Schutzfeld zu haben, da alle Aufnahmen von ihm unscharf geworden sind. Es war auf jeden Fall ein riesen Spaß, und dank dem Yoga heute Morgen bin ich gut in den Tag gekommen. Nikko Park Lodge – ich komme wieder!

Nara am Nationalfeiertag

Nach meinem Frühstückstee im Kloster fühlte ich mich ausgeruht und für den folgenden Tag gewappnet. Die Wahl der Route erwies sich als sinnvoll, da Nara ein perfektes Ziel für einen Tagesausflug ist: Die attraktiven Sehenswürdigkeiten sind nahezu alle auf den großen Park konzentriert, den man an einem verlängertem Nachmittag inklusive einer 3-Stündigen Tour auf den Berg absolvieren kann, dessen Name mir gerade nicht einfallen will. Der Bahnhof von Nara ist ein abscheulicher Bunker, der einen ernsthaft zweifeln lässt, ob man wirklich bei dieser Stadt angelangt ist, die sich bei den Japanern höchster Beliebtheit erfreut.
Auch das Bahnhofsviertel, in dem ich mein Quartier bezog, glänzt durch hässliche Betonklötze. Schon etwas ernüchtert bog ich in die Sanjo-Dori ein, welche mir die Dame vom Tourismusbüro am Bahnhof empfohlen hatte, und schluckte erst einmal: Die breite Allee war von Menschenmassen geradezu überschwemmt. So presste ich mich bei glühender Hitze über 2 Kilometer durch das wimmelnde Chaos – in Jacke und Pullover, die ich am Morgen in der frischen Bergluft angezogen hatte. Zur Belohnung erreichte ich endlich den Stadtpark, in dem geballt alles steht, was man in Nara gesehen haben sollte.


Schildkröten im kleinen See vor dem Stadtpark. Wen übrigens einmal eine Schildkröte verfolgt hat, der weiß, dass sie ihr Ziel unerbittlich verfolgen, und einem sehr schmerzhaft in die Zehen zwicken.

Gleich zu Beginn steht sozusagen als Wegweiser eine imposante, 5-Stöckige Pagode. Ich muss zugeben, dass ich meistens zu faul bin, mir die Jahreszahlen, den Erbauer und solche Dinge zu merken. Ich erfreue mich an der Form der Bauten und amüsiere mich immer darüber, wie die Japaner an fotogenen Stellen Schlangen bilden, damit jeder sein Bild aus dem perfekten Blickwinkel hat. Ich stehe meistens entweder zwei Meter weiter links und nehme das unverschämt andere Foto in Kauf, oder stelle mich einfach dahinter, weil ich in Kopfhöhe meistens freie Sicht habe.


Interessant an Pagoden ist, dass das Grundgerüst aus den Balken nicht fest verstrebt, sondern wie Mikadostäbchen gestapelt ist. Dadurch sind diese Gebäude sehr flexibel und überstehen Erdbeben meist unbeschadet.

Auch in Nara gibt es Hirsche (Rehe, Dammwild, was weiß ich, ich bin kein Botaniker), die aber völlig anders sind als die Herrscher von Miyajima: Nicht nur, dass es kein Fütterungsverbot gibt, nein, an jeder Ecke werden besondere Kekse verkauft, die man an die Tiere verfüttert. Das Wild ist zwar genauso zutraulich wie das auf der Insel, aber sonst sehr langweilig im Verhalten. Die braunäugigen Bettler lungern an den Wegen herum und warten darauf, dass ihnen ein Keks in den Mund gesteckt wird. Von der leicht zynischen, lässigen Art ihrer Kollegen ist da nichts mehr übrig.


Ich habe mich bewusst geweigert, die Tiere zu füttern. Damit war ich leider der einzige.

Nach einem schattigen Spaziergang durch den Park erreichte ich den Todaji-in Tempel, der das größte Holzgebäude der Welt ist, den größten Buddha der Welt (16m hoch, satte 437 Tonnen Bronze) hat und der entsprechend von Touristen bestürmt wird.


Die Straße zum Tempel. Unzählige Souvenirstände und viele, viele Leute. Wenn man wie eine Sardine eingequetscht die Straße entlang gespült wird, würde man sich am liebsten den Weg mit einem Flammenwerfer bahnen.

Dummerweise hatte ich vergessen, das am 29.04. ein nationaler Feiertag in Japan ist, und deswegen ein entsprechender Andrang herrschte. Auf der anderen Seite ist das auch eine sehr spezielle Erfahrung. An dieser Stelle möchte ich einmal ausgesprochen die Sicherheit in Japan loben. In den meisten Ländern würde es an solchen Orten vor Taschendieben nur so wimmeln, hier aber geben sich alle höchste Mühe, einander nicht anzurempeln. Im Gegenteil, ein Japaner rannte hinter einem Touristen her, entschuldigte sich mit zig Verbeugungen für die Störung, und überreichte ihm die prall gefüllte Geldbörse, die er an einem Stand verloren hatte.


Nein, das ist nicht das größte Holzgebäude der Welt. Das ist nur das Tor davor.

Trotz des Gewimmels nahm ich mir jede Menge Zeit, um das wirklich eindrucksvolle Gebäude des Todaji-in auf mich wirken zu lassen. Man kommt sich wahrhaftig winzig vor.


Geradeaus: Die Daibutsu-den, das größte Holzgebäude der Welt. Die vielen Leute fand ich hier ganz praktisch, so kommen die Ausmaße besser zur Geltung.


Und noch einmal von links, die kleinen Kleckse sind die Touristen.

Ab dem Eingangsbereich wurde der Andrang glücklicherweise etwas geringer, da meisten Japaner einen Schuss machen, und sofort weitergehen. Der Daibutsu in Kamakura war schon eindrucksvoll, aber hier spielte definitiv die Oberliga. In der gewaltigen Halle befindet sich nicht nur der große Buddha, sondern auch noch zwei goldene Statuen, die zu seiner Linken und seiner Rechten sitzen.


Der große Buddha von Nara, Weltrekordhalter und etwas zerstreut – er hat schon diverse Male seinen Kopf bei Erdbeben verloren. Auf der goldenen Scheibe befinden sich weitere Buddhas.


Sein Begleiter zu seiner Linken. Heißt… äh… großer linker goldener Buddha?


Der rechte Begleiter. Die hochinteressante Geschichte zu dieser Gottheit/erleuchteten Wesenheit kenne ich auch nicht.

Außerhalb der Halle sitzt noch einer der 16 (oder waren es 12 oder 14?) Apostel von Buddha, dem große okkulte Kräfte nachgesagt werden. Angeblich reibt man eine Stelle an ihm, und danach den gleiche Fleck an sich selbst, und die Beschwerden am entsprechenden Körperteil verschwinden. Ich versuche mir gerade nicht vorzustellen wie das bei Potenzproblemen aussieht. Da mich gerade mein Rücken plagte, rubbelte ich seinen Rücken, zog mir einen Schiefer ein, biss die Zähne zusammen, rieb meinen Rücken, und glaubt es oder nicht, schlagartig waren die Schmerzen im Kreuz wie weggeblasen. Verdutzt und überglücklich ging ich drei Schritte und saugte am Finger, in dem jetzt ein Stück der Statue steckte. Diese Distanz war leider genau die Dauer meiner wundersamen Heilung, weshalb ich den Verdacht habe, dass die wohltuende Wirkung genau so lang anhält wie das Rubbeln.


Die medizinischen Kräfte dieser Statue gibt es tatsächlich, leider ist es zu unpraktisch, das Teil ständig mit sich herum zu tragen.

Danach streunerte ich noch an ein paar Tempeln vorbei. Da ich inzwischen ziemlich verwöhnt bin, war ich schnell gesättigt und begann den Aufstieg auf den Berg Kasagu-Irgendwas (ich bin heute nicht gut mit Namen).


Es war heiß, ich habe elendig geschwitzt, aber trotzdem eine tolle Wanderung.


Geschafft! Diesen Ausblick hat man vom Gipfel des Berges.

Bemerkenswert am Aufstieg war die freie Aussicht. Die meisten Berge in Japan sind dicht bewaldet, und zwar nicht mit dieser laschen westlichen ‚Ab und zu eine Lichtung mit Ausblick‘ Attitüde, sondern konsequent vom Start bis zum Ziel dichtes Blätterwerk. Die Temperatur war mit gut 20° perfekt, und ich marschierte beschwingt den Pfad entlang. Gute hundert Meter hinter mir wanderte eine japanische Großfamilie, die vergnügt Wanderlieder trällerte. Vom Knirps bis zur Oma, die ab der Hüfte um 90° nach vorne geklappt war, legten alle ein strammes Tempo vor, das meinen weit ausholenden Gaijin-Schritten ebenbürtig war. Von der guten Laune angesteckt brummte ich leise die Melodien der Familie mit. Das ist so ein Kreuz mit mir: Musik lässt bei längerer Einwirkung ein paar Sicherungen durchbrennen, und als letztendlich der Rhythmus im Blut kochte, schnappte ich mir zwei Stöcke und begleitete den Gesang mit meinem improvisierten Instrument. Nun, man ist als Gaijin eh ein unergründliches Mysterium, weshalb die Familie lachte und weitermachte.


Der unglaubliche Rowman und sein Sidekick, ‚Ich-könnte-im-Boden-versinken‘ Girl.

Auf dem Rückweg nahm ich noch einen kleinen See mit, und wurde mit einer lustigen Geschichte belohnt. Für romantisch veranlagte Naturen wurden Ruderboote verliehen, und ein junger Japaner wollte seiner Freundin wohl ein wenig imponieren. Leider hat er in seinem Leben noch kein Ruderboot gesehen, und stocherte verzweifelt mit den Rudern im Wasser. Der Bootsverleiher gab sein bestes, die richtige Technik (vor allem das Heben des Ruders aus dem Wasser) zu vermitteln, aber unser junger Held war lernresistent.


Der Bootsverleiher versucht es nun direkt am Boot, Rowman zu erklären, dass man das Ruder aus dem Wasser heben muss. Man beachte die Freundin, die sich vor Scham den Hut über den Kopf zieht.

Nach zehn Minuten gestand der junge Mann seine Niederlage ein, setzte sich auf die Rückbank, und ließ seine Freundin die Arbeit machen.


So beeindruckt man eine Frau…

Erheitert erkundete ich noch ein wenig den Park, und passierte auf dem Rückweg eine Konditorei, bei der Publikumswirksam die bekannteste japanische Süßigkeit hergestellt wurde. Es handelt sich dabei um Reis, den man zu einer elastischen Masse drischt, Diese wird mit einer Paste aus sehr süßen Bohnen gefüllt. Hier wurde es noch traditionell gemacht: Zwei Männer droschen mit riesigen Hämmern abwechselnd in den Trog, der die Masse enthielt, und brüllten dabei laut: „Hai!“ „Dozooo!“ „Hai!“ „Dozooo!“.


Zwei Männer bei der Herstellung der beliebtesten japanischen Süßigkeit. Filigranste Konfiserie!

Abends trieb mich der Hunger – leider ohne Fotoapparat – aus dem Hotel. Das japanische Essen wird fein, aber mild gewürzt, und ich hatte starkes Verlagen nach etwas Scharfem. Nara ist nach Einbruch der Nacht wie leer gefegt, aber an einer Ecke fand ich dann doch eine japanische Currybude. Japanisches Curry ist um einiges dunkler als Indisches, und wird mit einer Vielzahl an Beilagen angeboten. Natürlich darf nie der gekochte Reis fehlen. Eine Mahlzeit ist nur dann ein Essen, wenn der Reis, Gohan genannt dabei ist. Deswegen ist in den Wörtern für die Mahlzeiten stets dieses Wort enthalten. Ein Beispiel ist Hiru-gohan, das Wort für Mittagessen.
Das Menü in dem Restaurant las sich wie eine Anleitung zu einem Videospiel, denn die Schärfe des Currys konnte von Level 1-5 frei gewählt werden. Für Absolventen des Level 5 Currys wurden noch Level 6-10 angeboten. Diese werden jedoch nur serviert, wenn man ein Level 5 Curry gegessen hat. Im Vertrauen auf meinen feuerfesten Gaumen orderte ich ein Muschelcurry mit einem zusätzlichen Tonkatsu (eine Art paniertes Schnitzel), Level 5. Der Koch zog die Augenbraue hoch, wedelte mit den Händen, hechelte und sagte ‚Vely vely hot!‘. Ich nickte zackig und bat ihn, seines Amtes zu walten. Kurz darauf stand das dampfende, duftende Gericht mit der dunkelbraunen Soße vor mir. Ich schaufelte den ersten Löffel unbedarft in mich hinein – wenn ein Japaner scharf sagt, ist das an der indischen Küche gemessen mild – und keuchte kurz, als mir die Tränen in die Augen schossen. Das Zeug war würdige Level 5 Würze, und heizte ordentlich ein. Nun gewarnt aß ich bedächtig das exzellente Curry, während der Koch immer wieder in meine Richtung schielte, um Notfalls einen Arzt zu rufen. Am Ende hatte ich eine rote Birne, aber nun war meine Neugier geweckt.
Mit dem üblichen Tanz der tausend Hände vereinbarte ich mit dem Koch einen Probeteller, auf dem ein Klecks Curry von Level 6 bis Level 10 samt einer guten Portion Reis war. Bei Schärfe ist ein festes, neutrales Gericht zum Neutralisieren extrem wichtig. Mit einem Grinsen stellte der Koch den Teller mit den immer dunkler werdenden Portionen hin. Ich schob vorsichtig den Löffel in Level 6, nahm eine Portion Reis dazu, und kostete die Mischung. Im Kontrast empfand ich bereits Level 5 als harmlos, und die Schweissperlen quollen auf die Stirn, während das Rot in meinem Gesicht eine tiefere Schattierung annahm.
Level 7, inzwischen linsten auch die Bedienungen neugierig in meine Richtung, verteilte sich wie Lava in meinem Mund und sengte über meine Geschmacksknospen. Ich fühlte mich allmählich wie ein menschliches Fieberthermometer. Level 8 war bereits so scharf, dass ich die dreifache Menge Reis benötigte, und trotzdem eine Minute hechelte. Aufgegeben habe ich bei Level 9. Von Geschmack konnte man bei diesem flüssigen Feuer nicht mehr reden, ich erwartete jeden Moment, dass sich Brandblasen auf der Zunge bilden. Mein Gesicht war inzwischen tief dunkelrot, und ich musste erst ein großes Glas Milch trinken, bis ich überhaupt wieder ein Wort sagen konnte. Mit einem angenehmen Feuer im Bauch machte ich mich auf den Weg ins Bett, wo ich herrlich schlief. Jetzt sitze ich im Zug nach Tokyo – aufgrund der langen Strecke habe ich viel Zeit zum Schreiben, deswegen ist es heute auch wieder etwas textlastig. Von dort geht es zur letzten Station, die Stadt Nikko, die für ihren Nationalpark und die prächtigen Mausoleen berühmt ist.