Bevor es mit Kyoto losgeht, wollte ich noch ein Bild anbringen, das ich am Abend beim Weggehen in Osaka geschossen habe:
Da gab es allen Ernstes eine Tierboutique, in der Tierbabies als Accessiores für die Frau von Welt angeboten werden. Die Welpen und Kätzchen wurden in winzigen Plastikwürfeln gehalten, zusammen mit der passenden Kleidung neben an. Die armen Tiere waren sichtlich gestresst, da der Laden direkt in der Hauptstraße des Nachtviertels lag, und wo die Japaner sonst schon nicht gerade die leisesten Menschen sind, kann man sich vorstellen welchen Licht- und Ton Bombardements diese Tiere ausgesetzt sind. Die Preise sind übrigens gewaltig – wer sich eine dieser putzigen Fellknäuel nach Hause nehmen will, darf zwischen 1000 und 2000 ? lassen. Für mich einer der merkwürdigeren Gegensätze in diesem Land: Auf der einen Seite der intensiv gelebte Shintoismus, der sehr naturverbunden ist, und das große Engagement der japanischen Regierung zum Erhalt natürlicher Schönheit, zum anderen ein ziemlich gedankenloser und brutaler Umgang mit Lebewesen.
Wie dem auch sei, einen kurzen Hüpfer später waren wir in Kyoto, wo wir in der Tourist Information ein sehr schönes Ryokan im Stadtkern Kyotos vermittelt bekommen haben. Wichtig ist übrigens, erst eine Weile mit den Damen dort zu verhandeln, und dann mit großen traurigen Dackelaugen zu sagen, das ein Zimmer im Zentrum schon schön wäre… Uns wurden zuerst einige doch recht teure Hotels im West-Stil angeboten, bis wir die Damen überzeugt hatten, dass für uns Futons am Boden echt kein Problem sind. Ich empfehle wärmstens, immer nach den Ryokans mit klassisch japanischen Zimmern zu fragen, unser aktuelles Drei-Mann Zimmer lässt keine Wünsche offen, bietet eine Übernachtung in traditionellem japanischen Ambiente und kostet für drei Mann 11.500 Yen, das sind ca. 23? pro Nase!
Unser Zimmer in Kyoto. Auf dem Tisch die Lacquer-Dose mit Teekanne und Schalen, hinter der Schiebetür noch ein kleiner Balkon mit Blick auf den Garten.
Frisch ausgeruht ging es dann heute früh in die Parkanlage rund um den alten Kaiserpalast in Kyoto. Was mich immer wieder begeistert und fasziniert ist die Perfektion, mit der jede Pflanze in diesen Parks in Szene gesetzt wird. Jeder einzelne Baum wurde streckenweise über Jahrzehnte oder Jahrhunderte liebevollst von Hand getrimmt, um letztendlich die richtige Form zu erreichen.
Ich möchte nicht wissen, wie lange die Gärtner gebraucht haben, um den Baum in diese Form zu bekommen.
Leider ist der alte imperiale Palast in Kyoto nicht so ohne weiteres zugänglich. Man muss zuvor beim Imperial Household Office einen Zugang beantragen, was nur Wochentags möglich ist. Deswegen führte unser Weg mit dem Taxi weiter zum Goldenen Tempel, einem absoluten Highlight für den Sightseer von Welt, und ich habe auch fleißigst geknipst. Ursprünglich war der Goldene Tempel die private Villa eines Kaisers, und wurde irgendwann um 1400 rum nach seinem Tod in einen Zen-Tempel umfunktioniert. Dieser Tempel hat dann über 500 Jahre überstanden, bis 1950 ein Mönch so sehr von seiner Leidenschaft für diesen Bau überwältigt wurde, dass er das Gebäude komplett abfackelte. Seltsame Art von Liebe, aber mit der für Japaner üblichen Sorgfalt wurde der Tempel innerhalb von 5 Jahren wieder komplett aufgebaut. Die Gartenanlage, in der sich der goldene Pavillon befindet ist übrigens sehr gelungen und stiehlt diesem fast schon die Show.
Aber es ist alles bis auf den letzten Kieselstein durchdacht und arrangiert. Diese Gartenarchitekten hätte ich gerne für meine verwilderten Flecken zu Hause.
Natürlich ist alle Geschmackssache, aber ich genieße die Tempel-Parks hier sehr. Man darf ja nicht vergessen, das ist ein ritueller Ort, wenn man parallelen ziehen will, entspricht das in etwa einer Kirche bei uns. Aber ehrlich gesagt, diese Art von Spiritualität spricht mich wesentlich mehr an. Jeder Tempel ist in einen großen Garten eingebettet, und die Schreine existieren in totaler Harmonie mit der Natur. Inzwischen ertappe ich mich selbst manchmal dabei, wie ich mir im Eingangsbereich mit der Kelle die Hände reinige, vor dem Schrein eine 5 Yen Münze in den Opferkasten werfe, einmal laut klatsche und dann nach einer tiefen Verbeugung für ein paar Momente in mich gehe. Ich glaube jetzt nicht daran, das ein mystischer Hundegott meine Wünsche erfüllt, aber es stellt sich dann ein Gefühl von Respekt und Verbundenheit ein. Ist doch nicht die schlechteste Grundhaltung, die man gegenüber dem Leben einnehmen kann.
Diese Kuh symbolisiert eine Schutzgottheit für kleine Kinder und Neugeborene. Junge Paare schenken der Kuh bei geglücktem Nachwuchs ein Kinderlatz oder ähnliches.
Es gibt in Japan so viele Schreine, das ein Gebäude wie dieses im Reiseführer schon als nicht weiter nennenswert geführt wird. Das nenne ich mal ein Luxusproblem…
Morgen erwartet uns dann eines unserer kulinarischen Highlights. Nach ein paar Schwierigkeiten mit der telefonischen Reservierung haben wir in einem der besseren Restaurants von Kyoto ein Kaiseki vorbestellt. Das Kaiseki ist der Rolls Royce im japanischen Gastronomiebetrieb und gilt als die höchste Vollendung japanischer Küchenkunst. Es handelt sich um ein Menü von 8-10 Gängen, das nur von ausgewiesenen Küchenmeistern angeboten werden darf. Bei der Zubereitung der einzelnen Gänge wird auf die perfekte Harmonie in Geschmack und visueller Präsentation geachtet. Zumindest steht das so im Reiseführer, und ich bin schon ausgesprochen darauf gespannt.