Um das Ueberstunden- und Resturlaubsbefuetterte Niemandsland zwischen zwei Jobs zu ueberbruecken haben meine Frau, die Heimleitung und das Oberheereskommando beschlossen noch ein paar schoene Tage in Italien zu verbringen. Nach bester demokratischer Tradition wurde Einstimmig beschlossen: Die Frau hat die Stimme und sie beschliesst.
Zugegebenermassen war ihr Vorschlag schon besser. Mich hatte der Prospekt mit „10 Tage Neuseeland im Wohnmobil“ gefesselt und ich sah mich schon am Steuer einer fahrbaren Burg auf den Spuren der Peter Jackson Produktionen wandeln. Aber 36 Stunden Flug hin und zurueck fuer ein „Schau Schatz, hier haben sie das Auenland abgedreht“ sind auch bei positivster Betrachtung kein angemessenes Programm fuer den ersten Hochzeitstag.
Damit auch ich auf meinen Abenteuer-Anteil komme, wurde dafuer von meiner Liebsten der Koffer gepackt, als ob wir die Demokratie nach Mordor bringen oder zumindest den Suedpol entdecken wuerden.
Wissens-Intermezzo: Der Antarktisvertrag
Selbst ueber die abgelegensten, kaeltesten Flecken der Welt laesst sich vorzueglich streiten. Damit man sich diesen Aerger beim Suedpol spart, wurde 1959 der Antarktisvertrag aufgesetzt (in Kraft getreten 1961) und damit festgelegt, dass das gesamte Nicht-Bewohnte Antarktisgebiet zwischen dem 60. und 90. Breitengrad (das ist immerhin das untere drittel der suedlichen Kugel) einfach gar niemandem gehoert bzw. keine neuen Besitzansprueche mehr gestellt werden duerfen.
Da das ganze mit dem Passus „wissenschaftliche Nutzung“ garniert wurde kann ich mir das schon vorstellen wie es einmal aussieht, wenn man dort Oel findet: Wie beim japanischen Wahlfang wird eine riesige Foerderanlage hingestellt, vor der dann ein Mann im Schutzanzug steht, der das Schild „Nur zu Forschungszwecken“ hochhaelt.
Nach einem kurzen Flug drehte unser Flieger dann ein paar Runden ueber Neapel. Bestimmt hatte die Fluggesellschaft ihr Schutzgeld vergessen oder der Camorra war ein Mann mit Betonschuhen aus dem Helikopter gefallen und das hatte ein Loch in die Landebahn geschlagen. Dem Piloten bot sich dadurch die Gelegenheit den Flieger in den Warteschleifen in jedes verfuegbare Luftloch fallen zu lassen. Nach einer halben Stunde kam die Maschine dann doch noch am Boden an, begleitet vom tosenden Applaus der sichtlich erleichterten Fluggaeste. Wobei ich nur in die Haende geklatscht haette wenn sich der Schaedel dieses Luft-Attilas, der sich Pilot schimpft, dazwischen befunden haette.
Angekommen gings im Shuttle-Bus zum Auto-Verleih, wo wir einen Italientauglichen Fiat Cinquecento nach ein paar Sicherheitshinweisen erhielten.
Auto Parken alla Napoli
– Nichts im Wagen liegenlassen
– Handschuhfach leeren und offen lassen
– Nicht in Neapel parken
– Nicht auf dem Vesuv parken (ausgeraeumt UND verbrannt)
Gerne wuerde ich jetzt die abenteuerlichsten Geschichten erzaehlen, wie wir mit dem kleinen Schnaufer durch die engen Gassen Neapels fuhren aber der Flughafen liegt ausserhalb und so ging es einfach nur die Kuestenstrasse entlang. Der Leser ist aber herzlich eingeladen sich hier die Dinge etwas auszumalen: Das Beben der Erde als der Vesuv ausgerechnet unseren Besuch als Anlass zum Ausbruch nimmt, wie wir mit quietschenden Reifen den Spalten ausweichen, die sich in der Strasse auftun – ja, dort hinten segelt eine Vespa in einem spektakulaeren Salto ueber den lavasprudelnden Riss – nebenbei noch eine gestrandete Kleinfamilie aufs Dach schnallen und schliesslich auf einer Lavawoge an Capri vorbeisegeln: Genau so war es nicht.
Dafuer ist der Golf von Neapel ein paradisisch schoener Flecken Erde und unser Hotel – elegant als „Agritourismo“ getarnt war auch bald in Sicht.
Wir sind uebrigens sehr froh, dass wir hier etwas abgelegen sind, da man Sorrento schon als „Touristisch erschlossen“ bezeichnen kann. Ungezaehlte Briten, Deutsche and andere hellhaeutige Badeschlappentraeger laden zu spontanen Schlenkern auf der Strasse ein, bevor sie sich in einem der vielen Restaurants eine Pizza bringen lassen. Wir hingegen haben uns in einem winzigen Laden mit ein paar Antipasti und etwas Wein eingedeckt und den Tag gemuetlich im Garten ausklingen lassen.