Abflug

An sich ist es eine gute Idee, noch die letzten Nahrungsmittel vor dem Urlaub zu verbrauchen. Weniger gut war diese Idee gestern, da ich in dem eisernen Vorsatz, nichts zurück zu lassen, wohl auch etwas falsches erwischt habe. So verbrachte ich denn auch den Tag vor unserer Abreise wahlweise im Bett oder auf dem Thron aller Männer, während meine Frau emsig die Koffer packte und ich mich still und heimlich verfluchte, das erste Mal in meinem Leben keine Reiseversicherung abgeschlossen zu haben. Bei der Buchung war mein Ansatz, dass keine Katastrophe der Welt mich von den Länge geplanten Flitterwochen abbringen kann. Als dann am späten Nachmittag mein Körper fröhliches Ausscheidungsroulette spielte, war die Zuversicht einer gewissen Demut gewichen, und ich hatte die ganze Nacht strikteste Bettruhe.

Und wer sagt es, das hat sich auch weitestgehend gelohnt, ich sitze neben meiner frischgebackenen Frau (wie bäckt man überhaupt eine Frau? Aus Rippenmehl?) am Flughafen in München. Eigentlich könnte es schon Tokyo sein, weil gut 80% der anwesenden Personen Japaner sind. Wie jeder gute Mann habe ich allen Rat meiner Frau in den Wind geschlagen und die gestrige Zwangsdiät mit einem 20er Pack Chicken Mc Nuggets beendet, die mir jetzt wie gut gefettete Ziegelsteine im Magen liegen. Damit ich mir jetzt kein ausfuehrliches „ich habs doch gleich gesagt, dass dir die nicht gut tun“ versuche ich dieses Detail geheim zu schreiben, bevor Imogen mir drauf kommt. Ich hatte extra meine Zähne zusammengebissen und gepriesen, dass ich als Mann noch am besten weiß, was mir gut tut.
Inzwischen haben wir auch schon unser neues Zuhause für die nächsten gut 11 Stunden bezogen. Die Lufthansa Star Alliance schwimmt auf der grünen Welle und hat aus Liebe zur Umwelt die Sitzplätze in der Economy Klasse so optimiert, dass ich mein Schriebgeraet gar nicht auf meinen Schoss stellen muss – ich tippe einfach bequem mit der Nase, unter die direkt meine Knie gequetscht sind. Die zweite Theorie ist, dass der Flieger bei dem hohen Japaneranteil einfach für ein heimisches Quetschgefuehl sorgen wollte. Da können wir uns gleich auf die Tokyoter Ubahn einstimmen.
Meine Frau beim Zollkarten ausfüllen. Ich habe leider vergessen, Drogen und Feuerwaffen mitzunehmen, damit ich sie angeben kann...

Dafür sind wir im 21. Jahrhundert angekommen, und ich kann diesen ersten Beitrag direkt vom Flieger aus verschicken – bevor ich meinen Nachtisch vertilge und dann versuche mich in Origamischlaftechniken zu üben. Entweder werde ich als der verschlungene Kranich oder der jodelnde Tiger enden, vor allem da zwar die Sitzlehne meines Vorsitzers sehr weit nach hinten stellbar ist, nicht jedoch meine eigene. Das Universum scheint mich und Langstreckenflüge zu lieben…
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